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Die Gebärdensprache ist international

Julia Klein von der evangelischen Gehörlosengemeinde besucht Hilfsprojekt in Eritrea

Von Dunja Henkenjohann
Steinhagen/Quelle (WB). Die Gebärdensprache ist international. Das hat Juliane Klein, Sprecherin der evangelischen Gehörlosengemeinde Steinhagen/Halle hautnah erlebt, als sie jetzt mit einer deutschen Delegation in Eritrea in Ostafrika zu Gast war.

Seit vielen Jahren unterstützt die Deutsche Gehörlosenmission Gehörlosenschulen in Eritrea. Das 50-jährige Bestehen der Schule im Ort Keren nutzte eine deutsche Delegation, um sich vor Ort anzuschauen, wie die Spenden in den vergangenen Jahren eingesetzt worden sind.
Die gehörlose Juliane Klein ist seit zwei Jahren Delegierte der Landeskirche Westfalen in der Missionskonferenz. Begleitet von ihrem Ehemann Wolfgang, sechs weiteren Delegierten aus anderen Landeskirchen und drei hörenden Pfarrern flog sie Mitte Februar für zehn Tage nach Asmara, der Hauptstadt Eritreas.
Von hier aus besuchte die Reisegruppe neben der Gehörlosenschule in Keren auch die Gehörloseneinrichtungen in Asmara und Madafara »Wir waren mit einem 17 Jahre alten Schulbus unterwegs«, sagt Juliane Klein über die anstrengende Reise.
Schon Tage vor dem Besuch der deutschen Delegation waren die eritreanischen Kinder ganz aufgeregt. »Viele von ihnen haben noch nie Weiße gesehen«, erzählt die in Quelle wohnende Frau und beschreibt, wie die schwarzen Kinder ihnen bei der Ankunft nur schüchtern die Hand gaben und ihnen vorsichtig über die weiße Haut streichelten. »Doch nach wenigen Minuten war die Scheu vergessen. Besonders die Tatsache, dass wir die Kinder in der Gebärdensprache ansprachen, kam gut an«, berichtet die 53-Jährige.
Die Besichtigungen der drei Schulen habe vor allem eins gezeigt: »Wir müssen die Gehörlosen in Eritrea weiterhin mit unseren Kollekten unterstützen«, betont Juliane Klein. Den Einrichtungen fehle es schon am Notwendigsten. »Sie haben zu wenig Möbel, die Kinder haben keine Tornister und müssen sich ein Blatt Papier teilen, um überhaupt etwas aufschreiben zu können.«
In Eritrea ist die Gebärdensprache nicht anerkannt. Der Unterricht findet meistens oral, also in der Lautsprache statt, so dass ihm viele gehörlose Kinder nicht folgen können. »Das ist sehr schade«, sagt Juliane Klein. Doch sie schöpft Hoffnung: So habe eine Lehrerin beispielsweise bei den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der Schule laut gesungen und die Schüler hätten den Gesang mit Gebärden begleitet, erzählt sie.
Damit auch die deutschen Gehörlosen den Feierlichkeiten folgen konnten, musste das Englische - so wie bei den anderen Gesprächen und Besichtigungen auch - zunächst ins Deutsche und dann wiederum in die Gebärdensprache übersetzt werden.
Für Juliane Klein steckte die Reise nach Eritrea voller neuer Erfahrungen. Besonders bewegt hat sie beispielsweise, dass manche Kinder drei bis vier Stunden zu Fuß zur Schule laufen müssen »Zwei Kinder sind dabei schon ums Leben gekommen, weil sie nichts gehört haben und auf der Straße überfahren wurden«, berichtet die Gemeindesprecherin. Deswegen ist es ihr großer Wunsch, dass eines Tages so viele Spenden zusammenkommen, dass sich die Gehörlosenschule einen neuen Bus oder sogar ein kleines Internat leisten kann.

Artikel vom 30.05.2005