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Star-Auswahl trifft Außenseiter

Champions League-Finale zwischen AC Mailand und dem FC Liverpool

Istanbul (dpa). Der AC Mailand will durch seinen dritten Champions-League-Sieg mit Real Madrid gleichziehen, der FC Liverpool im Jubiläums-Finale in eine goldene Zukunft aufbrechen. »Wir können vielleicht den Grundstein für eine neue Ära legen. Wir sind hungrig auf den Titel«, sagte Liverpools Trainer Rafael Benitez in Istanbul vor dem 50. Finale im europäischen Landesmeister-Wettbewerb.Ist das Vorfreude? Milans Paolo Maldini.
Über 500 Mal liefen die beiden Traditionsclubs im Europapokal auf, beim Champions-League-Endspiel (20.45 Uhr/Premiere und SAT.1) treffen sie heute zum ersten Mal aufeinander. Seit 21 Jahren wartet Englands Rekordmeister auf einen Triumph im bedeutendsten Clubwettbewerb, den er vor Einführung der Champions League in der Saison 1992/93 vier Mal gewann.
Die Chancen auf ein Ende der langen Durststrecke stehen für die Liverpooler trotz ihrer Außenseiterrolle nicht schlecht: Das Mailänder Starensemble verspielte am Wochenende die Meisterschaft und scheint nicht in bester Verfassung, wenngleich Abwehrspieler Paolo Maldini dieser Einschätzung vehement widersprach: »Wir werden beweisen, dass wir in Topform sind«, sagte der 36-Jährige, der in seinem siebten Finale den fünften Titel fest ins Visier genommen hat.
Im Atatürk-Stadion stehen sich heute Abend zwei Mannschaften gegenüber, die in der Champions-League-Saison vor allem durch herausragende Defensivqualitäten überzeugten. Die Mailänder Ergebnis-Fußballer kassierten bis zum Halbfinal-Rückspiel gegen den PSV Eindhoven (1:3) in elf Spielen gerade einmal drei Gegentreffer. Liverpool, seit sieben Partien unbesiegt, behielt in den vergangenen drei Begegnungen gegen Juventus Turin und den FC Chelsea die weiße Weste. Taktikfreunde werden auf ihre Kosten kommen, doch einen Sturmlauf beider Teams erwarten Experten wie Franz Beckenbauer auch diesmal nicht. »Viele Tore werden wir wahrscheinlich nicht sehen«, fürchtet der »Fußball-Kaiser«.
Bei den Engländern läuft der deutsche Nationalspieler Dietmar Hamann wohmöglich zum letzten Mal auf. »Wir haben bei Chelsea und Juve unser Selbstvertrauen gestärkt, jetzt wollen wir den Pokal«, sagte der 31-Jährige, der sich nach auskuriertem Innenbandriss nach eigenen Angaben wieder der Top-Form nähert. Die größten Hoffnungen der »Reds« aber ruhen auf Steven Gerrard. »Wir haben national enttäuscht, aber jetzt haben wir die große Chance, Legenden in diesem Fußball-Club zu werden«, sagte der von Real Madrid angeblich umworbene Mittelfeldstar.
Im strahlenden Glanz eines weiteren Titels würde sich gerne Milan-Clubbesitzer Silvio Berlusconi zeigen. »Das macht mir große Freude, daran zu denken, den fünften Cup zu gewinnen, was noch nie ein Präsident auf der Welt geschafft hat«, sagte der italienische Ministerpräsident, der sogar seinen Leibkoch für die Mannschaft in die Stadt am Bosporus gesandt hatte.
Einen Riesenvorteil haben die Mailänder in punkto Erfahrung. Während beim 17-fachen italienischen Meister die komplette Startformation vom Champions-League-Erfolg 2003 noch dabei ist, ist beim 18-maligen englischen Titelträger Fernando Morientes der einzige Königsklassen-Gewinner. Und der darf nicht mal spielen, weil er in der Saison bereits für Ex-Club Real Madrid auflief. »Wir gleichen die Erfahrung aus, weil wir mehr Hunger auf den Titel haben«, betonte Benitez.
Beim Blick auf die in Griffweite aufgestellte silberne Trophäe wurde auch der Appetit bei Abwehrspieler Sami Hyypiä groß: »Wir haben die Chance, den Cup nach Hause zu holen.«
Auch als Titelverteidiger wäre Liverpool im kommenden Jahr aber nicht in der Champions League dabei. Das sehen die Statuten der UEFA nicht vor. In der Meisterschaft wurde die Mannschaft nur Fünfter. Helfen könnte nur ein »Gnadengesuch«.
Die Sicherheitsvorkehrungen werden beim Finale in Istanbul eine große Rolle spielen. 6000 Polizisten, 600 Gendarmen sowie 2100 Ordnungskräfte sollen für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Die jeweils 20 000 englischen und italienischen Fans sollen über verschiedene Wege zum Stadion gebracht werden, um Krawallen vorzubeugen.

Artikel vom 25.05.2005