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»Kindergartenhotel« und Krankenzimmer

Kitas der Ev. Kirchengemeinden im Bielefelder Süden planen neue Betreuungsangebote

Von Annemargret Ohlig
(Text und Foto)
Brackwede/Senne/Sennestadt (WB). Weniger Kinder und auch weiterhin zurückgehende Geburtenzahlen, fehlende Gelder, veränderte familiäre Bedingungen und neue Wünsche der Eltern nach Betreuung und Begleitung ihrer Kinder - was tun?

Die Kirchengemeinden des Verbandes Brackwede, im Bielefelder Süden Träger von zwölf Kindertageseinrichtungen mit ganz unterschiedlichem Profil, haben reagiert: Bereits seit einem Jahr beschäftigt sich eine Projektgruppe mit diesem Thema und seinen Konsequenzen. Der Gruppe gehören neben Pfarrern und Vertretern des Kindergartenfachausschusses des Kirchenkreises Gütersloh sowie der Mitarbeiter in erster Linie die Leitungen der verschiedenen Einrichtungen an.
»Wenn evangelische Kirchengemeinden weiterhin Kindergärten in ihrer Trägerschaft wünschen, bedarf es einschneidender Veränderung«, so die Ausgangsthese. Sie basiert unter anderem auf der demographischen Entwicklung, die - hochgerechnet - in der Stadt Bielefeld einen Geburtenrückgang von 19,7 Prozent innerhalb von nur zwölf Jahren (1998 bis 2010) prognostiziert.
Das Fazit: »Wir haben dann erheblich zu viele Einrichtungen«, betont Pfarrer Berthold Schneider, Vorsitzender des Verbandes der ev. Kirchengemeinden in Brackwede. »Gleichzeitig haben wir aber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber unseren Mitarbeitern und müssen versuchen, für sie zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen«, zeichnet Mitarbeitervertreter Wolf-Dieter Murach eine andere Seite dieser »Ideen-Börse« auf.
Was die Finanzierung der Kindergärten und Tagesstätten anbelange, so lägen zwar Pläne in den Schubladen. »Wir wissen aber nicht, welche Hände diese Schubladen aufziehen und sind sehr unsicher wegen der Kita-Finanzierung«, meint Schneider. Deshalb habe die Projektgruppe in den vergangenen Monaten verschiedene neue Modelle und Möglichkeiten der Dienstleistungen - über das klassische Kita-Angebot hinaus - gesammelt und durchgerechnet.
»Das alles haben wir inzwischen in einen Fragebogen verpackt und den Eltern überreicht«, so Schneider. »Jetzt müssen wir jedoch wissen, ob die Gedanken, die wir uns gemacht haben, auch zielgerichtet sind«, sagt der Vorsitzende des Kindergartenfachausschusses des Verbandes, Pfarrer Martin Roloff. »Denn nur so haben wir auf Verbandsebene eine bessere Planungsmöglichkeit«.
800 Fragebögen sind zur Zeit unterwegs, in denen nach dem Bedarf für mögliche neue Dienstleistungen gefragt wird. Vorstellbar sind beispielsweise das Ausrichten von Kindergeburtstagsfeiern im häuslichen Rahmen mit schönen alten Kinderspielen oder auch die professionelle Betreuung der Kleinen an Samstagen, aber auch abends an Wochentagen, damit Eltern in Ruhe einkaufen gehen können. Auch ein »Kindergartenhotel« an Wochenenden in Kindertageseinrichtungen könnte ein Angebot sein - mit Essen, Betreuung, Spiel- und Beschäftigungsangebot und Übernachtung. Oder ein »Kinderladen« mit einer second hand-Verkaufs- und einer Tauschbörse.
Ein nicht ganz einfach umzusetzendes, gleichwohl in Notfällen sehr »notwendiges« Projekt könnte ein »Krankenzimmer für Kinder« von montags bis freitags von 7 bis 17 Uhr sein. Hier könnten die Kleinen, die plötzlich während der Kindergartenzeit erkranken, oder deren Eltern berufsbedingt nicht einfach bei ihnen zu Hause bleiben können, betreut werden.
Manche Fragen sind bei dieser »Dienstleitung« noch zu klären. Auch die, wie kostendeckend gewirtschaftet werden kann, wenn nur ein einziges Kind krank ist, gleichwohl die volle pflegerische Betreuung notwendig ist. Dennoch ist man in der Projektgruppe zuversichtlich, dass die verschiedenen Ideen Anklang bei den Eltern finden.
Martina Bojko, Leiterin des Louise-Scheppler-Kindergartens: »Inzwischen sind schon etliche Fragebogen von unseren Eltern zurückgegeben worden. Sie zeigen auf den ersten Blick, dass sie die genannten Optionen gut finden.« Gleichwohl werde von den meisten Zurückhaltung gegenüber den neuen Ideen gezeigt. Nur wenige wollen möglichst bald die Möglichkeiten nutzen.

Artikel vom 25.05.2005