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Im Oktober kann man
dann spielend lernen

Hygiene-Museum seit 75 Jahren im eigenen Haus

Von Simona Block
Dresden (dpa). Der Industrielle und Odol-Fabrikant Karl-August Lingner (1861-1916) wäre zufrieden: Das Hygiene-Museum, das heute 75 Jahre ein eigenes Gebäude hat, knüpft mit zeitgemäßen Mitteln an den innovativen Ansatz seiner Gründerjahre an.

Museums-Gründer Lingner gehörte 1911 zu den Protagonisten der I. Internationalen Hygiene-Ausstellung. 1912 gründete er das Deutsche Hygiene-Museum, das aber erst mit der II. Internationalen Hygiene-Ausstellung 1930 ein passendes Domizil erhielt. Während der Weimarer Republik trug es mit verständlicher Präsentation auf neuestem Stand der Wissenschaft zur Demokratisierung des Gesundheitswesens bei. Nach 1933 stellten die Nazis das volksaufklärerische Gedankengut der Einrichtung und ihre Vermittlungsmethoden in ihren Dienst. Das aktive Mitwirken an der rassehygienischen Propaganda gilt als finsterstes Kapitel der Geschichte des Hauses. Es soll mit der Übernahme der Schau »Deadly Medicine. Creating the Master Race« des Holocaust Memorial Museum Washington 2006 thematisiert werden.
Die Bomben auf Dresden im Februar 1945 vernichteten auch große Teile von Lingners Hygiene-Tempel und seiner wertvollen Bestände. In der DDR hatte es eine vergleichbare Aufgabe wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Westen. Nach der Wiedervereinigung erhielt es 1991 als »Museum vom Menschen« eine neue Konzeption. »Es steht für die klassische Moderne und als Sinnbild des 20. Jahrhunderts für den deutlichen Abstand zum barocken Selbstbild der Stadt«, sagt Direktor Klaus Vogel.
Der umfassende Ansatz biete beste Chancen, zur internationalen Spitzengruppe der Wissenschaftsmuseen aufzurücken. Die seit Ende April komplette neue Dauerausstellung zeigt auf 2500 Quadratmetern erstmals eine große Auswahl von etwa 1400 Stücken der bedeutenden Sammlungen. Das Museum beherbergt mehr als 30000 Objekte zur Geschichte der Gesundheitsaufklärung und -pflege. 2004 kamen etwa 220000 Neugierige trotz Baustellencharme, 2005 hofft Klaus Vogel auf 250000 Besucher.
»Im Oktober eröffnen wir ein Kindermuseum«, sagt Vogel. Dort könnten Vier- bis Zehnjährige die fünf Sinne Riechen, Schmecken, Tasten, Hören und Sehen testen und spielend erlernen.

Artikel vom 24.05.2005