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Merkel soll es werden

Kandidatur scheint sicher -ƊNeuwahlen am 11. oder 18. September

Berlin/Düsseldorf (dpa). Die Deutschen sollen nach dem Willen der Parteien bereits Mitte September einen neuen Bundestag wählen. In Nordrhein-Westfalen wird nach der Abwahl der rot-grünen Landesregierung ein schneller Start der Koalitionsverhandlungen von CDU und FDP erwartet.

Die Gespräche könnten noch in dieser Woche beginnen, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Ingo Wolf in Düsseldorf. »Eine lange Hängepartie wird und kann es nicht geben.«
Der designierte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sprach von einem klaren Auftrag der Wähler, »eine Politik zu machen, die wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit miteinander verbindet«. Rüttgers verwies auf die hohen Gewinne der CDU bei Arbeitnehmern. Darauf sei er stolz. Die neue Regierung stehe vor einer schweren Aufgabe. »Wir haben 110 Milliarden Euro Schulden. Es gibt kein Geld, mit dem man jetzt die großen Programme auflegen kann.«
Rüttgers kündigte an, er werde nun den Abbau von Bürokratie in Angriff nehmen.
Bundeskanzler Gerhard Schröder wird am 1. Juli im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Das teilte die Bundesregierung am Abend mit. Zuvor hatte sich Schröder mit Bundespräsident Horst Köhler und den Fraktionsvorsitzenden von Union und FDP, Angela Merkel und Wolfgang Gerhardt, besprochen. Der Kanzler will mit seinem Schritt eine vorgezogene Bundestagswahl herbeiführen. Ein Wahltermin Mitte September ergibt sich aus verfassungsrechtlichen Fristen. Im SPD-Präsidium, aber auch bei der CDU wurden der 11. oder 18. September für realistisch gehalten.
Im Wahlkampf wird es aller Voraussicht nach das Duell Schröder gegen CDU-Chefin Angela Merkel geben. Die CDU legte sich bereits inoffiziell auf Merkel fest.
SPD-Chef Franz Müntefering sagte nach einer Präsidiumssitzung, er Er wolle die Wahl zu einer »Richtungsentscheidung« über die Sozial- und Friedenspolitik machen. Die SPD werde ihre Reformpolitik »konsequent fortsetzen« und dafür kämpfen, dass Schröder und nicht Merkel Deutschland führt.
Die CDU will mit Merkel als Kanzlerkandidatin Rot-Grün vorzeitig ablösen. Die offizielle Kandidatenkür von CDU und CSU ist am kommenden Montag auf einer Präsidiumssitzung geplant. Die CDU-Spitze stellte sich bereits geschlossen hinter ihre Parteichefin.
Die CDU-Chefin erklärte lediglich, inhaltliche und personelle Fragen würden am Montag geklärt. Dann werde auch das Wahlprogramm »sehr eng« mit der CSU formuliert und der Fahrplan »sehr deutlich« abgesteckt. »Es geht nur um eine einzige Frage: Wem trauen die Menschen zu, Deutschlands Geschick zum Besseren zu wenden?«, sagte Merkel. »Und da sind wir recht selbstbewusst.« Zentrales Wahlkampfthema der Union wird Merkel zufolge die hohe Arbeitslosigkeit sein.
Nach dem Grundgesetz gibt es für eine Auflösung des Bundestags zwei Möglichkeiten: Der Kanzler tritt zurück, und es gibt keine Mehrheit für einen Nachfolger, oder der Kanzler verliert eine Vertrauensabstimmung und bittet den Bundespräsidenten um Auflösung des Bundestages. Einige Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen erwägen, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, um die Auflösung des Bundestags und Neuwahlen zu verhindern.

Artikel vom 24.05.2005