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Neues Wohnheim in Orange:
Noch gibt's manch Problem zu lösen

Von Phillip Gätz
Seit Oktober 2004 leben sie im neuen, schon ausgebuchten Studentenwohnheim entlang der Arndstraße. »Ja, genau - in dem orangefarbenen Ding, das mit den Studenten«, ist oft das Erste, was vielen Menschen zu dem farbenfrohen Neubau einfällt. Ob das äußere Antlitz gefällt oder nicht, soll nicht erneut Thema sein, gehört die Schublade »Farbe« doch zum Kunst-Schrank und bleibt Ansichtssache. Vielmehr interessiert, wer eigentlich die Menschen sind, die mittlerweile dort ihr Zuhause haben. Wie sieht ihr Alltag darin aus? Und wie sind ihre positiven wie negativen Erfahrungen?

Nach dem Einzug ist längst nicht mehr alles Friede, Freude, Eierkuchen. Vermehrt macht sich bei den Pionieren neben Freude über manche Vorzüge auch individueller wie kollektiver Unmut über diverse Mankos breit.
Pünktlich von 8 Uhr an herrscht auf der Kreuzung Arndstraße/Ecke Große-Kurfürstenstraße emsiges und vor allem lautstarkes Treiben. Nicht die letzten Gäste aus den anliegenden Bars sind es, sondern Bau- und Pflasterarbeiten nehmen ihren schier endlosen Lauf. Auch direkt unter dem Wohnblock 66, in den eingebundenen Geschäftsräumen in spe, wird weiter gehämmert und gebohrt. »Da bringt einen nichts mehr aus der Ruhe. Ich kann am Klang unterscheiden, ob Bagger, Radlader oder Baukolonne anrücken«, hat Bewohner Marco Heidemann sein Gehör unfreiwillig, nicht zuletzt über die Klausurphase hinweg, geschult. »Begleitet wird das Ganze von der Ungewissheit, was da eigentlich entsteht und wie lange das noch dauert«, wünscht sich der 24-jährige SoWi-Student mehr Informationen. Doch er sieht auch Vorteile seines Zuhauses: Mit direkter Anbindung zweier Supermärkte, sind Brötchen & Co. rasch besorgt.
»Für die besagten Räumlichkeiten ist ein Gastronomiebetrieb mit Außenbereich vorgesehen. Leider ist der Pächter abgesprungen. Daher ruhten die Arbeiten. Ein neuer Pächter wurde gefunden, was Umbauten mit sich brachte. Doch bis Ende Juni soll alles fertig sein«, verspricht Heinrich Terbeck, Abteilungsleiter Studentisches Wohnen beim Studentenwerk Bielefeld. Dieses tritt den etwa 300 Bewohnern gegenüber als Vermieter auf. Terbeck beruhigt: »Ein amtlicher Akustiker wird die Musikanlage des Betriebs den Richtlinien des Lärmschutzes nach fest einstellen, zudem um 22 Uhr Ruhe einkehren muss.«
Nicht nur Einkaufen ist am Wohnheim ein Leichtes, auch den Schmutz vom Fußboden zu entfernen. Doch es gibt einen optischen Nachteil: »Der blaue, pflegeleichte Linoleumboden ähnelt einem Krankenhauszimmer, was durch die weißen Wände verstärkt wird«, ist Stephan Pleye hin- und hergerissen, denn »lieber nehme ich den blauen Boden samt weißer Wand in Kauf, als das Orange auch Innen zu finden«, sagt der 23-Jährige SoWi-Student, der zudem eine Dunstabzugshaube vermisst. »Im Bad ist eine Abluftanlage, keinen Meter von der hinter dem Bad liegenden Küche entfernt. Statt diese Stellen zu verbinden, zieht der Küchendampf direkt an der Decke hoch. Ich will nicht wissen, wie das in ein paar Jahren aussieht.«
Ein Punkt, der für Heinrich Terbeck nicht im Mittelpunkt steht: »Das sind alles Kosten. Wir hätten eine Haube einbauen lassen können, doch dann müsste jeder mehr Miete zahlen. Zudem können wir lediglich Vorschläge für die Wohnräume einbringen. Die Umsetzung muss durch mehrere Instanzen entschieden werden. Da haben wir andere Sorgen, die sich um das Thema Bad drehen. Immer mehr der Duschböden sind undicht. Wir setzten uns nun mit der ausführenden Firma und dem verbauten Produkt auseinander, um festzustellen, wo der Ursprung des Mangels liegt und werden entsprechend reagieren, um das Problem zu lösen.« Das Thema Farbe sei dagegen ohnehin nicht für jeden zufriedenstellend zu klären.
»Wir glauben, einen guten und praktischen Kompromiss gefunden zu haben«, betont Marion Uhmeier, Bereichsleiterin Vermietung beim Studentenwerk -ĂŠauch wenn beim Thema Bad für den Studenten nur schwer nachzuvollziehen ist, warum nebst Dusche auch eine Wanne eingebaut wurde.
Terbeck: »Wir sind ebenfalls nur Mieter, mieten die Wohnungen über die BGW (Bielefelder Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft mbh), die als Bauträger auftritt. Somit laufen die Kompetenzfragen nicht eindeutig nur im Studentenwerk zusammen. Trotzdem sind wir für unsere Mieter der erste Ansprechpartner.« Es gebe Dinge, auf die das Studentenwerk keinen Einfluss hätte nehmen können. »Statt einer Wanne hätten wir uns mehr Wohnraum oder eine zweite Toilette gewünscht, aber da es sich um einen sozialen Wohnungsbau handelt, wurden die Wannen vom Amt für Wohnungswesen verlangt«, versucht Terbeck die Hintergründe zu erläutern.
Unterdessen trägt Philipp Wagner ein Park-Knöllchen spazieren. Der 20-jährige Germanistik- und Geschichte-Student: »Die Parksituation ist desolat. Für hunderte Menschen gibt es nur ein Dutzend neue Anwohner-Parkplätze. Dabei liegt im Innenbereich ein kaum ausgelasteter und nachts leerer Parkplatz. Der wurde gleich an einen Pächter abgetreten, der fix ein Kassenhäuschen installiert hat.«
Terbeck dazu: »Die anfängliche Annahme des Pächters, dass sich dort eine gute Auslastung abzeichnen wird, ist nicht aufgegangen. Vielleicht folgt ein günstigeres Angebot.« Zu Beginn sei den Mietern für eine geringe Gebühr angeboten worden, die Fahrzeuge nach Geschäftsschluss der Märkte bis zur Öffnung am nächsten Tag vor diesen abstellen zu können, nach Wunsch auch via Monatsticket. »Parkt man über diese Zeiten hinaus, läuft die normale Parkabrechnung.« Doch dieses umständliche und zugleich befristete Angebot stieß bei den Mietern nur auf wenig Interesse. »Nach meinen Informationen sind die Mieter zudem durch die BGW informiert, dass ein Monats-Abo für unter 20 Euro für das anliegende Parkhaus Jöllenbecker Straße zu bekommen ist«, verweist Terbeck auf eine weitere Option.
Lisa Bendig, 21-jährige Klinische-Linguistik-Studentin, ist eigentlich zufrieden mit dem Leben im Wohnheim. »Einige Dinge sind toll gelöst.« Zum Beispiel gebe es einen Waschraum, einen Fahrradkeller und einen Müllraum. Doch da mieft es. Fortsetzung

Artikel vom 07.06.2005