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Hingabe an Fortuna und
das süße Joch der Liebe

VHS-Kammerchor sang Carl Orffs »Carmina Burana«

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). In der Chor- sowie Publikumsgunst stehen Carl Orffs »Carmina Burana«, die Lieder aus Benediktbeuren, ganz oben. Kommt das Werk so vital aufbereitet wie jetzt vom VHS-Kammerchor unter der Leitung von Carsten Briest daher, bleiben keine Wünsche offen.

Dass der versierte Chorleiter mangels Chormasse und finanzieller Möglichkeiten die Fassung für Klavier und Schlagwerk wählt, tut der Attraktivität der »Cantiones profanae« keinen Abbruch Die gut 60 Sänger verfügen über genügend Potenzial, die packende Wucht des »O Fortuna« ebenso ansprechend herüberzubringen, wie sie die feinen, architektonisch verwobenen Silbenrhythmen in den zwischen Singen und Sprechen pendelnden Texten meistern. Briest hat seinen Chor bestens aufgestellt und lässt Strophe für Strophe artikulationsgeschliffen und rhythmisch pointiert durchleuchten. Und in »Tempus est iocundum« (Dies ist die Zeit der Freude) bereichert zusätzlich der Kinderchor der Fröbelschule das Klangspektrum um helle Farben.
Aber wenn hier Frühlingserwachen, erstes Liebeswerben, Sauf- und Fressgelüste und schließlich Amors Triumph unmittelbar gegenwärtig wurden, dann hat Maxim Polijakowskij (rhythmisch akzentuierend am Klavier) ebenso seinen Anteil daran wie das Schlagwerk-Ensemble der Musik- und Kunstschule »Bi-Cussion«. Elementar, voller Vitalität und eng verwoben mit dem Chor und den Solisten, vereinte die Perkussionsgruppe höchste rhythmische Präzision mit musikalischem Gespür. Lediglich an wenigen Stellen, etwa in »Floret silva nobilis«, hätte man sich etwas mehr dynamische Zurückhaltung gewünscht.
Akzente setzten auch die Solisten: Luca Martin (Tenor) eindringlich herzzerreißend als »gebratener Schwan« und Sabine Szameit (Sopran), angenehm warm timbriert und innig in ihrer Hingabe an das süße Joch der Liebe.
Als Offenbarung indes entpuppte sich Hagen Matzeit. Der Bariton verfügt über ein samtiges und farbenreiches Timbre, das süchtig machen kann. Dazu gesellt sich eine enorme Modulationsfähigkeit und Geschmeidigkeit, die ihm erlaubt, scheinbar losgelöst von physischen Grenzen, jeden erdenklichen Gefühlsausdruck hervorzubringen. Ein Glücksfall in einer auch sonst von Fortuna erhellten Werkwiedergabe!

Artikel vom 24.05.2005