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Kürze mit Würze -
beglückende Momente

Studiochor und »Ensemble la Rejouissance« begeistern

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). In der Kürze liegt die Würze. Dass auch die kleine Form auf große Wirkung abzielen kann, haben Studiochor Bielefeld und Mitwirkende jetzt beim Konzert in der Johanniskirche eindringlich unter Beweis gestellt.

Mit lauter kleinen musikalischen Gourmandisen vom Barock bis zur Romantik hatte Martin Fugmann den Programmzettel bestückt und ins Zentrum der Aufmerksamkeit zwei Werke der Gattung »Missa brevis« gestellt. Die kurze Vertonung der lateinischen Mess-Liturgie erfüllt den Wunsch nach kunstvoller musikalischer Gestaltung ebenso, wie sie sich praktisch gut in den Gottesdienst einfügen lässt, ohne den zeitlichen Rahmen der Mess-Feier zu sprengen.
Mehrfach hat sich der Studiochor der Chormusik von Josef Gabriel Rheinberger angenommen und damit in der Region eine regelrechte Wiederbelebung des lange vernachlässigten Komponisten initiiert. Rheinbergers Musiksprache besitzt einen edlen, akademisch-klassizistischen Charakter, der nicht auf vordergründige Effekte abzielt. Vielmehr besticht sie durch ihre mustergültige Satztechnik. Die Harmonik im Gebrauch von Chromatik und Alteration ist durchaus zeitgemäß, während die Melodienbildung liedhaft und nicht selten von der Gregorianik inspiriert erscheint. Insgesamt steht die Lyrik über der Dramatik, wovon Rheinbergers »Missa brevis« in G-Dur, die so genannte »Missa St. Crucis« beispielhaft Zeugnis ablegt.
In der Wiedergabe durch den Studiochor verbanden sich Satztechnik und innige Empfindung auf das Reinste. Immer wieder verblüffen und begeistern die hochstehende Gesangskultur dieses Chores, sein klanglicher Nuancenreichtum, seine Reinheit in der Artikulation und seine große Gestaltkraft selbst in so rhythmisch punktierten und chromatischen Passagen wie dem »Credo«.
Joseph Haydns »Kleine Orgelmesse« komprimiert im Teleskop-Verfahren den Messetext, ohne dass Verkürzung und Verdichtung zu Lasten des musikalischen Ausdrucks gehen, der ganz dem zarten, rokokohaften Klangreiz verhaftet ist und vom Chor sehr geschmack- und gefühlvoll getroffen wurde. Der innige Charakter der Messe findet in der Sopran- Arie des »Benedictus« (mit konzertanter Orgelbegleitung) seinen Höhepunkt, und mit Iris Duwensee stand eine Solistin bereit, die ihren Vortrag gleichermaßen strahlend und mystisch gestaltete.
Neben weiteren, stets stilvoll gesungenen Motetten von Rheinberger und Mendelssohn Bartholdy empfahl sich das »Ensemble la Rejouissance« mit blinkenden Barock-Perlen, die in ihrer kammermusikalischen Durchlichtung, in ihrer tänzelnden Leichtigkeit und dezenten Affektzeichnung vollends für sich einnahmen (»Concerto plonois« von Telemann; »Concerto in B-Dur« von Händel). Dazwischen steuerte Gregor Schwarz an der Orgel Kontemplatives und Kantilenes hinzu.
Ein durchweg beglückendes Konzert, weil brillant in der Ausführung und interessant in der Zusammenstellung.

Artikel vom 24.05.2005