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Altstadt-Umbau ist äußerer
Anlass für Gemeinschaft

Fronleichnamszug macht an Neustadt Marien Station


Bielefeld (bp). Weil die Sanierung der Altstadt-Fußgängerzone die Fronleichnamsprozession am Donnerstag, 26. Mai, zu einem neuen Weg zwingt, fiel ein ungewöhnlicher Jahrestag auf - mit Folgen für das ökumenische Leben in der Stadt.
Fronleichnam Anno 1555 - vor 450 Jahren - forderte Herman Hamelmann, Pfarrer an der damals katholischen Neustädter Marienkirche, aber der Reformation von Herzen zugetan, Gemeinde und Magistrat zum Boykott der Prozession auf. Seitdem, so Pfarrer Alfred Menzel (Neustadt Marien), habe es von Neustadt Marien aus keine Fronleichsnamsprozession mehr gegeben. Bis jetzt. Denn vom äußeren Umstand der Innenstadt-Baustelle gezwungen, verlegt Uwe Wischkony, Pfarrer von St. Jodokus, den Stationsgottesdienst, der sonst auf dem Alten Markt gehalten wird, auf den Kirchplatz von Neustadt Marien.
Wischkony und Menzel betonten, es werde eine »Feier des Sakramentes«, keine »Folklore«: »Christus wird öffentlich gemacht, und alle können daran teilhaben.«
Das ist geplant: Um 9 Uhr beginnt eine Messfeier auf dem Klosterplatz, um 10 Uhr die Prozession, deren Weg über die Hagenbruchstraße, Altstädter Kirchplatz, Rathausstraße, Renteistraße, Breite Straße, Neustadt Marien, Kreuzstraße, Nebelswall, Klasingstraße zurück zum Klosterplatz führt. In den letzten Jahren nahmen jeweils gut 1000 Menschen an der Prozession teil; beteiligt sind neben St. Jodokus die Gemeinden Libori, Heiliger Geist, Johannes-Baptist und Christ König. Wischkony macht darauf aufmerksam, dass es schon immer ein »ökumenisches Element« beim Fronleichnamszug gegeben habe: mit dem Posaunenchor der ev. Stiftsgemeinde Schildesche.
Vor 450 Jahren nutzte Pfarrer Hamelmann am Fronleichnamstag den Frühgottesdienst, um gegen den Gebrauch der Hostie zu votieren - Christus sei nur in der Feier des Sakramentes anwesend. Nachdem er zum Boykott der Prozession aufgerufen hatte, schrieb ein Zeitgenosse: »Als nach der Beendigung die Kanoniker aufgeregt und empört die Prozession beginnen wollten . . ., weigerten sich nicht nur die Magistratspersonen, sondern auch die geringsten Leute, den Baldachin zu tragen, ja, nicht einmal Bedienstete wollten sich um Geld dafür dingen lassen.«
Nach Ansicht von Pfarrer Menzel ist selbstverständlich der katholischen Kirche Gastrecht zu gewähren, denn: »Ökumene ist geistliche Gemeinschaft in der Vielfalt - auch, wenn die theologischen Sachfragen zum Teil bis heute different sind.«

Artikel vom 24.05.2005