23.05.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Konrad Zuse an einem seiner legendären Röhrenrechner, mit denen der Erfinder den Grundstein für die Computerentwicklung legte.

Vom »Vater des Computers« gelernt

Queller Udo Landwehr schätzt Konrad Zuse »als becheidenen Chef mit enormem Wissen«

von Ulrich Hohenhoff
Quelle (ho). Der Herr im grauen Kittel, den Udo Landwehr bei einem Besuch der »Zuse KG« in Bad Hersfeld nach dem Firmengründer fragte, beschied den Besucher kurz und bündig: »Da müssen Sie schon nach oben gehen und sich einen Termin bei der Sekretärin geben lassen«. Und im Büro empfing den Bielefelder dann eben jener Herr im grauen Kittel: Konrad Zuse, einer der bedeutendsten Erfinder des letzten Jahrhunderts und »Vater« des Computers, war immer zu Späßen aufgelegt.

Gern erinnert sich Udo Landwehr (70) an seine dreimonatige Ausbildungszeit bei dem, wie er sagt, »sehr bescheidenen Mann«. Udo Landwehr ist am heutigen Montag um 15 Uhr zu Gast im »Brackweder Erzählcafé«.
Der oben genannte Vorfall ereignete sich 1962, just in dem Jahr, als Udo Landwehr heiratete und zusammen mit seinem »Sandkastenfreund« Udo Bussemas sowie dem Dipl. Ing. Dieter Emmrich das »Elektronische Rechenzentrum Bielefeld GmbH« gründete. Eingesetzt wurde ein Röhrenrechner vom Typ »Z 22« aus der Schmiede von Konrad Zuse.
»Das Gerät hatte eine unheimliche Höhe, machte unendlich viel Krach und musste mit einer Kompressor-Kältemaschine gekühlt werden«,. erinnert sich Udo Landwehr an die Pionierzeit des Computerzeitalters. Schon drei Monate nach Inbetriebnahme der gewaltigen Maschine ersetzen die Bielefelder das Gerät durch eine Weiterentwicklung, die »Z 23«. »Und die konnte unter normalen klimatischen Bedingungen arbeiten, verstand auch den so genannten »Freiburger Code«, damals die erste maschinenlesbare Sprache«, beschreibt Landwehr die rasante technische Entwicklung.
Tief beeindruckt war Udo Landwehr von Konrad Zuse, den er nicht »als abgehobenen Chef«, sondern als »tatkräftigen Erfinder, der immer auch gern selbst Hand anlegte«, kennenlernte. »Er überließ es anderen, die entwickelten Produkte im Markt unterzubringen«. »Der Mann bestach als weltweit anerkannter Wissenschaftler durch enormes Wissen und sehr bescheidenes Auftreten, hatte einen vorausschauenden Weitblick, was die weitere Entwicklung von Computern betraf«.
Der Queller Computerexperte, Mitglied der »Konrad Zuse Gesellschaft«, verfolgte die weitere Entwicklung von Konrad Zuse und dessen 1967 an »Siemens« verkaufte Firma aus der Ferne, war immer wieder beeindruckt von der menschlichen Größe des Erfinders. »Er erkannte die Leistungen anderer neidlos an, ging Querelen aus dem Weg«, sagt Udo Landwehr, gibt gern einen Leitspruch von Konrad Zuse weiter: »Von vielem Guten, was entwickelt wurde, hat das Bessere gesiegt«.
Und wie seinen Augapfel hütet Landwehr, Zeitzeuge der Computer-Entwicklung, das persönlich von Konrad Zuse signierte Buch »Der Computer - mein Lebenswerk«. Und noch etwas erinnert im Eigenheim von Udo Landwehr an den 1995 im Alter von 85 Jahren in Hünfeld gestorbenen Pionier des Computerzeitalters: ein von Konrad Zuse gemaltes Bild.
Denn neben der Leidenschaft für Zahlen und Rechenmaschinen hatte Konrad Zuse ein entspannendes Hobby: unter dem Künstlernamen »Kuno See« malte er mit Leidenschaft, bevorzugte in seinen abstrakten Werken kräftige Farben. Udo Landwehr traf den auch begnadeten Künstler bei einer Vernissage im Kernkraftwerk Würgassen ein drei Monate vor dessen Tod noch einmal wieder. Die Verbundenheit zu Konrad Zuse, zu dessen Sohn Dr. Ing. Horst Zuse (Professor an der TU Berlin) Udo Landwehr Kontakte unterhält, veranlasste den Queller beim Bielefelder Oberbürgermeister vorstellig zu werden und die Benennung einer Straße nach Konrad Zuse vorzuschlagen. Und die gibt es heute in Sieker.
»Zuse hat mir die Grundlagen der Rechnerkontruktionen und mathematische Logik beigebracht«, bekennt Udo Landwehr, der nach dem Abitur am Ratsgymnasium zunächst Bauingenieurwesen in Hannover und Graz studierte. Aus Frust (»Straßenplanung wird mehr politisch als zweckmäßig bestimmt«) brach er das Stadium ab, absolvierte ein kaufmännisches Volontariat, baute dann das Rechenzentrum mit auf. »Zunächst haben wir ausschließlich Berechnungen aus dem Bauwesen durchgeführt, später folgten Aufgaben aus dem kaufmännischen Rechnungswesen«. Zu einem Teil wurde mit selbst entwickelten Programmen gearbeitet, den ersten dieser Art in Deutschland.
Und als Ruheständler, der die Hände in den Schoß legt, sieht sich der 70-jährige noch lange nicht. Er ist Gründer und Vorsitzender des Vereins »Lebensqualität im Alter e.V.«, plant mit seinem Weggefährten aus gemeinsamer beruflicher Tätigkeit Udo Bussemas ein Informations-und Schulungszentrum für interessierte ältere Menschen. Die sollen sich dort Rat und Hilfe bei der Anschaffung geeigneter Rechner holen und den Umgang mit PC und Software in Seminaren lernen können.

Artikel vom 23.05.2005