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Standort Enger »unabdingbar«

Aber: Alno will Wellpac verkaufen

Von Dietmar Kemper
Stuttgart (WB). Deutschlands Marktführer bei Küchen, die Alno AG in Pfullendorf, möchte die Tochtergesellschaft Wellpac Möbelwerke in Hiddenhausen (Kreis Herford) loswerden. »Wenn ich einen Käufer finde, verkaufe ich Wellpac«, sagte der Vorstandsvorsitzende Frank Gebert gestern in Stuttgart.
Vorstandsvorsitzender Frank Gebert (r.) und Vorstand Michael Hummler.

Die Verluste bei Wellpac belasteten das Konzernergebnis deutlich, sagte Gebert (52), ohne exakte Zahlen nennen zu wollen. Neben einem Verkauf sei die Ausgliederung von Wellpac möglich. Bei Wellpac arbeiten zur Zeit 63 Mitarbeiter. Die Möbelwerke gehören zur Casawell-Gruppe in Enger, die von Alno im August 2003 übernommen worden war.
Zu Casawell zählen ebenfalls Wellmann in Enger und Geba in Löhne. Die ostwestfälischen Tochtergesellschaften sind das Sorgenkind des schwäbischen Weltunternehmens. »Schnelligkeit und Schlankheit der Organisation bei Casawell müssen deutlich verbessert werden«, betonte Gebert. In den letzten eineinhalb Jahren wurden im Kreis Herford 180 Arbeitsplätze abgebaut.
Dennoch sieht Alno abgesehen von Wellpac gute Perspektiven. Gebert: »Im vergangenen Jahr sind wirtschaftliche Vorteile durch die Übernahme von Casawell trotz der tiefroten Zahlen deutlich geworden, und Enger ist als Standort für uns unabdingbar und gesetzt.« Während die Mitarbeiter bei Wellpac vor einer ungewissen Zukunft stehen, dürfen sich ihre Kollegen in Pfullendorf über eine Beschäftigungsgarantie bis 2010 freuen. Dies hängt nicht zuletzt mit dem überraschend guten Ergebnis des Geschäftsjahres 2004 zusammen.
Gegen den Trend in der von Konsumzurückhaltung gebeutelten Branche gelang Alno durch einen Ergebnissprung um 9,3 Millionen Euro der Weg zurück in die Profitabilität. Unter dem Strich blieb ein Plus von 3,7 Millionen Euro, was Gebert als das »beste Ergebnis seit dem Börsengang 1995« wertete. Damit sei die Phase von sechs Jahren mit zum Teil hohen Verlusten beendet.
Insgesamt erwirtschaftete der Alno-Konzern einen Umsatz von gut 649 Millionen Euro. Den Erfolg führt Gebert auf das Effizienz- und Wachstumsprogramm Futura zurück, das seit zweieinhalb Jahren wirkt. Dadurch seien die Kosten bei Materialbeschaffung und Personal um 35 Millionen gesenkt und die Stückkosten um 25 Prozent reduziert worden.
Außerdem sei es gelungen, 900 Neukunden zu gewinnen, das Sortiment auszuweiten (123 Küchenmodelle, 460 Farben, 6000 Ergänzungs- und Ausstattungsartikel) und für Handel und Kunden übersichtlicher nach Charakter und Stil zu präsentieren. »Heute machen unsere Außendienstmitarbeiter doppelt so viele Kundenbesuche wie 2002«, sagte Gebert. Die Reklamationsquote sei dank ausgeweiteter Qualitätssicherung so niedrig wie noch nie.
An Rabattschlachten will sich Alno nicht beteiligen. »Wir möchten unsere Küchen über Wertigkeit, nicht über einen billigen Preis verkaufen«, betonte der Vorstandsvorsitzende. Alno-Küchen für 1099 Euro werde es nicht geben, Preise von 5000 bis 6000 Euro seien berechtigt. Zum guten Ergebnis 2004 haben die ausländischen Töchter beigetragen, die allesamt Gewinn machten.
Das Strategieprogramm Futura hat nach Geberts Angaben den Unternehmenswert in drei Jahren um mehr als 50 Millionen Euro erhöht. Dank des Umsatzwachstums von 47,6 Prozent konnte die Alno AG die Eigenkapitalquote stärken und 15 Millionen Euro Bankschulden abtragen.
Trotzdem drücken Verbindlichkeiten bei den Kreditinstituten in Höhe von 69 Millionen Euro. Gebert: »Die größten Schritte bei der Personalanpassung haben wir hinter uns.« Für das laufende Geschäftsjahr ist er verhalten optimistisch. Ein erfreuliches Ergebnis wie 2004 sei kaum zu erreichen, weil die Belastungen für die Branche nach wie vor beträchtliche Ausmaße hätten: Konsumzurückhaltung, hohe Materialpreise wie beim Stahl und ein aggressiver Verdrängungswettbewerb, der über den Preis geführt werde.

Artikel vom 20.05.2005