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Emanzipation eines Arztes

Farin Urlaub feierte Tour-Auftakt im Bielefelder Ringlokschuppen

Bielefeld (Rga). Obwohl hauptberuflich nach wie vor »Arzt«, erfolgte die Emanzipation des »Ärzte«-Sängers Farin Urlaub spätestens mit dem zweiten Album. Das Resultat ist ein gelungener Tour-Start im Bielefelder Ringlokschuppen, bei dem auch ohne die Songs seiner Hauptband der Punk zelebriert wurde.

Nach mehr als zwanzig Jahren mit den »Ärzten«, einmal abgesehen von dem Splitt im Jahre 1988, hat Farin Urlaub sich mit dem zweiten Longplayer »Am Ende der Sonne« nun endgültig als Solokünstler etabliert. Der Lohn seiner Arbeit besteht im Erreichen der Pole-Position der Charts und nicht zuletzt in der überwältigenden Resonanz des Publikums, das den »Urlaub von den Ärzten« an diesem Abend zu einem Fest werden ließ.
Die kleinen Dinge zu schätzen wissen und diese in Songs mit Hitpotential zu vepacken - dies ist das Erfolgsrezept, mit dem Farin Urlaub nicht nur hartgesottene »Ärzte«-Fans erreicht. Der Kampf gegen die Tücken von Haushaltsgeräten, die zu wahren Monster-Gegnern werden können, kann tatsächlich ein Thema mit Chartambitionen darstellen. »Duche«, das zugehörige Lied, und die Single des aktuellen Albums, war einer der späten Höhepunkte dieses Abends.
Die Marschrichtung des Abends war von Beginn an klar. Im Vordergrund stand dezenter Punk-Pop, neben einigen Ausflügen ins Reich der Balladen. »Ärzte«-Songs, soviel war bereits im Vorfeld klar und wurde daher auch nicht erwartet, solle es auf keinem der »Urlaub«-Konzerte geben. Im Mittelpunkt standen die Lieder der beiden Erfolgs-Alben, die Oberarzt Jan Vetter auch diesmal live mit dem so genannten »Racing Team«, der Begleitband zur Tour, präsentierte. Lieder wie »Glücklich«, »Phänomenal egal«, oder »Sumisu«, die Hommage an die Kultband »The Smith«, »The Cure« und »New Order«, wurden von den Fans lautstark gefeiert.
Dass der Bewegungsablauf des Publikums etwas Sand im Getriebe hatte - der Herr Doktor Urlaub vergab zwischenzeitlich nur Schulnoten im mittleren Bereich - , vermochte nichts an dem Motto des Abends ändern: Feiern und Spaß haben, bis der Arzt kommt. Lieder wurden mitgesungen, das Fan-Dasein mit Farin-Chören und Fanartikeln zur Schau getragen. Starverehrung, wie sie einem Künstler gefallen dürfte.
Obwohl gerne mal Eremit (Zitat: »Ich bin mir selbst genug.«), machte Farin Urlaub, der sich vor der Show noch mit Tischtennis aufwärmte, einen entspannten Eindruck, und genoss sichtlich die große Resonanz auf sein künstlerisches Schaffen. Auch ohne Material seiner Hauptband ließ er nach gut zwei Stunden ein begeistertes Publikum zurück.
Besser hätten es »Die Ärzte«, die sich seit jeher als »Die beste Band der Welt« titulieren, auch nicht gekonnt.

Artikel vom 20.05.2005