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»Phantasie entwickeln
für andere Nutzung«

Schule Deppendorf: Widerstand gegen Abriss wächst

Von Gerhard Hülsegge (Text)
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Die Chancen dafür, dass die alte Deppendorfer Schule erhalten bleibt, sind gewachsen. Aufgeschreckt von der gestrigen Nachricht im WESTFALEN-BLATT, die Genehmigung zum Abriss liege bereits vor, will sich nun unter anderem die Dornberger Bezirksvorsteherin Mareile Hempelmann massiv für den Erhalt des 111 Jahre alten Gebäudes einsetzen.

»Die Bürger wollen nicht alles platt gemacht haben«, sagte die BfB-Politikerin und appelliert an die Bielefelder Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (BGW), »Phantasie dafür zu entwickeln, dass man eine andere Nutzung hinkriegt«. Vorstellen kann sie sich an der Deppendorfer Straße 147 die Eröffnung eines dringend benötigten Lebensmittelladens.
BGW-Geschäftsführer Norbert Müller musste gestern leicht zurückrudern. Hatte er am Mittwoch gegenüber dieser Zeitung erklärt, er halte die baurechtliche Genehmigung für den geplanten Abriss schon in Händen, räumte er gestern ein, damit »einen Schnellschuss« abgegeben zu haben. Was er von der Stadt erhalten habe, sei die wohnrechtliche Genehmigung zum Abbruch. Eine Teilgenehmigung zur Beseitigung von Wohnraum, die laut Müller »am Sachverhalt überhaupt nichts ändert«. Die BGW will abwarten, ob das Amt für Denkmalpflege in Münster die Schule womöglich unter Schutz stellt. Das Umweltamt hat den Abriss bereits befürwortet. Für die Gesamtgenehmigung fehlt städtischerseits jetzt nur noch das Votum der Unteren Denkmalbehörde, wie Claudia Warnecke vom Stab des Baudezernenten Gregor Moss auf Anfrage bestätigte.
Wie angekündigt, haben Bürger aus Niederdornberg-Deppendorf und Schröttinghausen gestern im Rathaus 350 gesammelte Unterschriften an Oberbürgermeister Eberhard David übergeben mit der Bitte, die BGW davon zu überzeugen, dass die alte Schule Deppendorf als Vereinshaus auch für Familienfeste und Jubiläen erhalten bleiben muss. Der OB versprach, »die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen«.
Dass sie bei ihm auf Verständnis stoßen, wundert Anke Sprotte nicht. Sie erinnert sich lebhaft an den Besuch von 100 Mitgliedern der katholischen Heilig-Geist-Gemeinde im Rathaus vor etwa zwei Jahren. Dort hatte David erzählt, er sei als junger Politiker noch enttäuscht darüber gewesen, dass seine Partei, die CDU, gegen den Abriss der Ravensberger Spinnerei - heute ein Symbol für die Stadt - votiert habe. Inzwischen habe er aber gelernt, dass es sinnvoll sei, alte Bausubstanz nach Möglichkeit zu erhalten.
Der BGW wäre es am liebsten, jemand würde das 2011 Quadratmeter große Grundstück, auf dem die Schule steht, für 260 705 Euro spontan kaufen. Die Kosten für den Abbruch sind mit 48 500 Euro veranschlagt. Dornbergs Bezirksvorsteherin wünscht sich ein sensibles Vorgehen. »Denn die BGW ist nicht nur ein kommunales Wirtschaftsunternehmen, sondern auch gemeinnützig«, sagt Mareile Hempelmann.

Artikel vom 20.05.2005