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Wirtschafts-Kritik verteidigt

Müntefering weist Steuerforderungen SPD-Linker zurück

Berlin (dpa). SPD-Chef Franz Müntefering hat seine Kritik an der Wirtschaft verteidigt, die Kapitalismus-Debatte aber kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen nicht weiter angeheizt.
»Die Wirtschaft ist für die Menschen da, nicht umgekehrt«, betonte er gestern in Berlin bei einem SPD-Forum zum neuen Grundsatzprogramm der Partei. Das Thema bleibe kontrovers.
Der Union warf Müntefering »verlogene« Kritik an Hartz IV vor, da der Anstieg der Arbeitslosenzahlen durch die Einbeziehung von Sozialhilfeempfängern in die Arbeitsvermittlung absehbar gewesen sei. Seine eigene Partei forderte Müntefering auf, »den sozialen Fortschritt als Grundimpuls« ihrer Politik erkennbarer machen.
Der Sozialstaat und soziale Sicherungssysteme seien keine Notfallstationen, »sondern ökonomisch sinnvolle Risikostrukturausgleiche«, sagte der Parteivorsitzende. »Sie zu schwächen, ist töricht.« Das sei auch eine ökonomische Wahrheit. Güter wie Gesundheit, Kultur und menschliche Nähe müssten gewährleistet werden - »manchmal auch gegen den Markt«.
Forderungen von Parteilinken nach einem Verzicht auf die geplante Senkung der Unternehmensteuer erteilte er eine Absage. »Wir wollen, dass der Satz der Körperschaftsteuer gesenkt wird auf 19 Prozent.« Einen Richtungswechsel werde es nicht geben. Die Reformpolitik der Regierung habe breiten Rückhalt in der Partei.
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement unterstützte Müntefering. Alles andere als die geplante Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 19 von 25 Prozent »wäre lachhaft«. Zur Kapitalismusschelte Münteferings fügte er hinzu: »Ich verstehe die Diskussion nicht als eine Kritik des Kapitalismus, sondern als Diskussionsbeitrag zur Ethik und Moral unternehmerischen Handelns.«
Die Linken argumentieren, zu Münteferings Kapitalismus-Kritik passe keine Senkung der Firmensteuer. Die Entlastung von 25 auf 19 Prozent ist noch nicht unter Dach und Fach, weil Regierung und Union noch uneins über die Finanzierung sind.
Die SPD will ihr neues Parteiprogramm auf einem Parteitag im November verabschieden.

Artikel vom 20.05.2005