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Das Fehlen einer Werbegemeinschaft beklagt

Schweigsame Sennestädter Kaufmannschaft beim 4. Bielefelder Handelsgespräch

Von Paul Siegfried Schulz
Sennestadt (WB). »Dann haben wir in Politik und Verwaltung nicht viel falsch gemacht«, zog ein sichtlich überraschter Oberbürgermeister Eberhard David Bilanz des 4. Bielefelder Handelsgespräches in Sennestadt. Die anwesende Kaufmannschaft übte sich jedenfalls zum Großteil in vornehmer Zurückhaltung, allein einige der anwesenden Bezirkspolitiker ließen so etwas wie ein Gesprächsgefühl aufkommen.

Eröffnet hatte die Gesprächsrunde Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe. Mit einer Computer-Präsentation zeichnete er im Schnelldurchgang die Situation des Einzelhandels im Allgemeinen und die Bielefelds im Besonderen auf. Trotz der Konsumflaute, so Genth, sei die Situation nicht so negativ, wie sie in der Öffentlichkeit immer dargestellt werde. Bielefeld sei noch immer ein positiver Standort, der viel Kaufkraft aus dem Umland anziehe, was sich auch auf die Stadtbezirke auswirke.
Allerdings müsse der Einzelhandel auch seine »Hausaufgaben« machen, müsse Marketing betreiben, auch neue Wege in der Dienstleistung finden. Ein freundliches und sachkundiges Verkaufspersonal allein reiche zukünftig nicht mehr aus, führte er an. Neue Möglichkeiten müssten gesucht und angeboten werden.
Auf Sennestadt bezogen beklagte Genth erneut das Fehlen einer Werbegemeinschaft. Hier sagten er und Hans-Rudolf Holtkamp, Bielefelds Marketing-Direktor, Hilfe bei der Gründung einer neuen Werbegemeinschaft zu. Holtkamp sieht genügend Potenzial für eine solche Werbegemeinschaft in Sennestadt, die aber nicht nur auf den Einzelhandel ausgerichtet sein sollte, sondern auch Vereine und Verbände einbeziehen müsse.
Was der Sennestädter Apotheker Dr. Klaus Skopp deutlich distanzierter beurteilt. In Sennestadt fehle es seiner Überzeugung nach an gewachsenen Strukturen, an Zusammengehörigkeitsgefühl. Das sei anfangs vorhanden gewesen, doch die Eingemeindung 1973 habe Sennestadt das Rückgrat gebrochen.
Uwe Massmann, Modehausinhaber und früher im Vorstand der damals noch existierenden Werbegemeinschaft, übte verhaltene Kritik am Sennestadtverein. Der habe zwar eine starke Stellung, sei aber bei der Zusammenarbeit mit der früheren Gemeinschaft der Kaufleute nicht sehr zugänglich gewesen, führte er an.
Auch Bezirksvorsteher Karl Wolff betonte die Wichtigkeit einer Werbegemeinschaft, hofft, dass von dem Arbeitskreis, der derzeit das Sennestadtjubiläum im Juni vorbereitet, ein »Funke überspringt«. Wolff: »Wir sitzen alle im gleichen Boot. Wir brauchen wieder das Wir-Gefühl, das früher vorhanden war, jetzt aber verschüttet scheint.« Seitens der Politik und Verwaltung sagte er ebenfalls Unterstützung für die Gründung einer Werbegemeinschaft zu.
Oberbürgermeister Eberhard David schließlich, mit Fragen und Kritik der Anwesenden kaum behelligt, wies auf die allgemeine wirtschaftliche Lage mit hoher Arbeitslosigkeit und auf den besonderen Umstand der Haushaltlage hin, die keine Spielräume mehr zuließe. Der städtische Investitionsstand entspräche dem von 1992, die Stadt schiebe Investitionsstaus vor sich her. Allein im Straßenbau liege der bei 200 Millionen Euro.
Dennoch, so David, sei Bielefeld im Vergleich zu anderen Kommunen auf einem richtigen Weg. Was auch die Entwicklung der Einwohnerzahl zeige. Die sei seit einigen Jahren konstant, die Abwanderung in den »Speckgürtel« sei gestoppt, Menschen, die vor Jahren dorthin abwanderten, kämen sogar wieder zurück.
Was kommen müsse, so David, sei der Aufschwung. Es fehle an der Binnennachfrage. Wobei er deutlich machte, dass der Bielefelder Rat keine Arbeitsplätze beschließen kann. Der könne lediglich die Rahmenbedingungen schaffen.
Das Schlusswort hatte dann Karl Wolff. Der setzt seine Hoffnung auf das anstehende Jubiläumsfest zum 50-jährigen Bestehen der Sennestadt. Daraus werde sich, ist er überzeugt, ein positiver Anstoß für die weitere Entwicklung in Sennestadt ergeben.

Artikel vom 20.05.2005