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Magath zeigt
sein Mitleid

Stuttgart verliert ohne Gegenwehr

Stuttgart (dpa). Selbst Felix Magath hatte nach der demütigenden 1:3-Schlappe des VfB Stuttgart gegen den in allen Belangen überlegenen Meister FC Bayern München Mitleid mit seinem Ex-Club.

»Ich hätte es der Mannschaft gegönnt, in die Champions League einzuziehen. Die Spieler sind in Ordnung und charakterlich einwandfrei«, sagte der Meistermacher, der vor einem Jahr mit dem VfB ebenfalls beim Saisonfinale vom dritten Platz noch in den UEFA-Cup »abgestiegen« war, nach der perfekten Generalprobe für das Pokal-Finale gegen Schalke 04. Sein Trainerkollege Matthias Sammer konstatierte: »Die Champions League war so leicht zu erreichen. Der UEFA-Pokal ist zu wenig. Wir sind traurig.«
So willenlos, ideenlos und harmlos wie sich der schwäbische Fußball-Bundesligist gegen die Bayern präsentierte, so schwach und verunsichert war er - von zwei, drei Ausnahmen abgesehen - durch die gesamte Rückrunde gestolpert. »Das war heute ein Spiegel der letzten Wochen«, zischte Torhüter Timo Hildebrand nach der Vorführung durch die Münchner. »Es macht doch richtig Spaß, im UEFA-Cup anzutreten.«
Mannschaftskapitän Zvonimir Soldo schimpfte: »Wir sind selber schuld. In den letzten sechs Spielen haben wir alles kaputt gemacht.« Da holte der VfB nur 4 von 18 möglichen Punkten. »Vielleicht müssen wir noch sehr, sehr viel lernen«, räumte der erneut enttäuschende Nationalspieler Kevin Kuranyi ein, dass den seit Magaths Weggang fußballerisch schlechter gewordenen Stuttgartern viel fehlt, an ihr ehemaliges Niveau anzuknüpfen.
Die Bayern wunderten sich, wie leicht ihnen die in der Hinrunde noch so stark auftrumpfenden Schwaben den Sieg machten. »Es war immer wieder überraschend, wie wenig Gegenwehr da war«, sagte Nationaltorhüter Oliver Kahn, der sich nach der Pause wegen Magenproblemen durch Michael Rensing ersetzen ließ. Michael Ballack stellte süffisant fest: »Es war schon schwerer, hier zu gewinnen. Für den VfB reicht es noch nicht nach ganz oben.«
Zwei Tore nach Standardsituationen reichten dem abgebrühten Rekordmeister, um die überforderten Hausherren völlig aus dem Konzept zu bringen: Nationalmannschaftskapitän Ballack mit den Haarspitzen (27.) und Hasan Salihamidzic per Kopf (30.) sorgten jeweils nach Freistößen von Sebastian Deisler für die frühe Vorentscheidung. Roy Makaay erhöhte mit seinem 22. Saisontreffer (71.) auf 3:0. Imre Szabics (87.) gelang noch Ergebniskosmetik.
VfB-Präsident Erwin Staudt kündigte nach »der fahrlässigen Preisgabe« der Champions League, die den Club neben Prestige mindestens 8,5 Millionen Euro an Mehreinnahmen kostet, frustriert eine schonungslose Analyse an. Zugleich nahm er Sammer in Schutz: »Ich möchte keine Trainerdiskussion.« Der von vielen Fans mit »Sammer raus«-Rufen zum Sündenbock abgestempelte Coach versprach »Ursachenforschung«. Er habe »klare Vermutungen« für den Niedergang.

Artikel vom 23.05.2005