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Den »Mut zur Nachhaltigkeit« wecken

Institut wird im Beverunger Gründerzentrum zu Hause sein -ÊAusstellung zeigt praktische Beispiele

Von Wolfgang Braun
Beverungen (WB). Vor Jahren war Beverungen noch Standort eines Kernkraftwerks. Jetzt beginnt die Stadt an der Weser sich ökologisch zu profilieren. Denn das erste deutsche Institut für Nachhaltigkeit und Innovation wird im Beverunger Gründerzentrum zu Hause sein.

Das auf Privatinitiative auch von namhaften Firmen aus dem Kreis Höxter hin entstandene Institut, das mittlerweile von der Fachhochschule Lippe und Höxter als »Aninstitut« anerkannt wurde, will den recht schwammigen Mode-Begriff »Nachhaltigkeit« in vielfältiger Weise mit Leben erfüllen.
Der Chef des Instituts, Professor Dr. Manfred Sietz, der an der FH Höxter im Fachbereich Technischer Umweltschutz lehrt, berät sei Jahren Firmen bei der Entwicklung nachhaltiger Produkte, die dem Grundsatz »nicht mehr ernten, als man gesät hat« folgen, weil sie ressourcenschonend, umweltfreundlich in der Herstellung und Anwendung sind und leicht wieder in Wertstoffe zerlegt werden können.
Ein Impuls für die Institutsgründung war die erste deutsche Messe für nachhaltige Produkte, die 2003 in Beverungen stattfand, und die von dem Fernsehjournalisten Franz Alt eröffnet wurde: »Wir sehen immer nur die Krisen, aber von nachhaltigen Produkten gehen viele positive Signale aus, weil sie Chancen nachhaltigen, zukunftsfähigens Wirtschaftens aufzeigen. Beverungen sollte überall sein«, hatte der Publizist diese Bestrebungen begrüßt. Zumindest in der ostwestfälischen Region soll der Gedanke der Nachhaltigkeit mit einer Dauer- und Wanderausstellung, die das Institut derzeit aufbaut, an ganz praktischen Beispielen »begreifbar« gemacht werden.
Mit 227 000 Euro fördert das NRW-Umweltministerium diese Schau, die im kommenden November in der Beverunger Stadthalle eröffnet und danach in Bielefeld, Detmold, Paderborn, Lemgo und Höxter gezeigt wird. Im wahrsten Sinne »Nachhaltigkeit zum Anfassen« wird hier geboten: So zum Beispiel bei den formschönen Türdrückern aus Walnussholz, die die Brakeler Firma Franz Schneider (FSB) entwickelt hat, die sich als Hersteller hochwertiger Designer-Klinken einen Namen gemacht hat.
Präsentiert werden kompostierbare Bio-Müllbeutel und Obst- und Gemüseverpackungen, die die Wentus Kunststoff GmbH in Höxter herstellt. »Sie besitzen ein sehr hohes Innovationspotenzial, da sie auf der Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt werden, die bei der Kompostierung wieder in den Naturkreislauf zurückgeführt werden«, heißt es in einer Firmenmitteilung.
Vollkommen auf nachwachsende Grundstoffe setzt ein Leichtbauwerkstoff, der von der Beverunger Sperrholzfirma Böker gefertigt wird. Dünne Holzplatten werden hierbei mit der auch hierzulande wachsenden Bambusart Triarrhena im Klebeverfahren verbunden. Das so entstehende Material ist wärmedämmend und verbraucht bei der Herstellung nur wenig Energie. »Weil es sehr leicht ist, dennoch aber hinsichtlich der Stabilität mit Massivholz vergleichbare Eigenschaften aufweist, ist es sehr kostengünstig zu transportieren«, hebt Professor Sietz einen weiteren Vorteil hervor.
Nur aus heimischen Rohstoffen, aus maserungsreicher rotkerniger Buche, die im Kreis Höxter besonders gut gedeiht, wurde auch das Beistelltischchen in dem Beverunger Unternehmen Vogt & Dr. Bering konzipiert, das in der Ausstellung gezeigt wird. Auf Verbindungselemente aus Metall und auf den Einsatz seltener Materialien wurde gänzlich verzichtet. Das Möbelstück ist multifunktional, denn in das Tisch-chen, das auch als Hocker dienen kann, ist ein Tablett integriert.
Als weiteres Beispiel für nachhaltige Produktion der Region werden beschichtete Wärmeschutzgläser (iplus S) des Lauenfördener Glasveredlers Interpane gezeigt, die sich bei der Herstellung durch eine Reduzierung des Energie- und Materialverbrauchs auszeichnen.
In der Ausstellung, die durch praktische Beispiele den »Mut zur Nachhaltigkeit« wecken und stärken soll, wird die Arbeit des Instituts mit seinem Technologietransfer anhand von konkreten Ergebnissen sichtbar, denn die gezeigten Produkte sind Ergebnisse von Beratungsprozessen oder von studentischen Diplom- und Masterarbeiten, die von Professor Sietz betreut wurden.
Durch Einbeziehung beispielsweise von Schülerwettbewerben soll die Ausstellung, die auf eine Grundfläche von etwa 500 Quadratmeter angelegt ist, weitere Denkanstöße vermitteln. Mit Kultur- und Informationsveranstaltungen sowie Podiumsdiskussionen soll die Botschaft, die die Schau vermitteln will, eine breitere Streuung erfahren und auch das »Nachhaltigkeitsimage« (Prof. Sietz) der Region etablieren.
Die Dauerausstellung wird ständig überarbeitet. Denn das Institut entwickelt zusammen mit ostwestfäli-schen Unternehmen weitere nachhaltige Produkte. Dabei ist der Nachhaltigkeitsbegiff, auf dem das Institut basiert, breit gefächert: »Ziel der Strategie, die sich hinter dem Schlagwort von Ýsustainable developmentÜ verbirgt, ist es, die materiellen, ökonomischen, sozialen, kulturellen und ethischen Lebens-grundlagen dauerhaft und tragfähig zu erhalten und so weiter zu entwickeln, dass die Generationen von Morgen eine intakte Umwelt vorfinden und ihre Bedürfnisse befriedigen können«, geht Sietz ins Detail. Nachhaltigkeit stehe für ein »Verteilungs und Zugangsgerechtigkeit« zwischen Generationen, Völkern, Frauen und Männern.

Artikel vom 26.05.2005