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Die Qualität
weiter verbessern

Damit das Preisniveau bleiben kann

Von Lena Strothmann
Risikobereitschaft, Wagnis und Mut: Das ist es, was Existenzgründer, was Unternehmer ein ganzes Leben lang ausmacht, wenn sie erfolgreich sind. Und wenn sie im härter werdenden Wettbewerb bestehen wollen. Das gilt besonders seit dem vergangenen Jahr: Zehn neue Länder traten am 1. Mai 2004 der Europäischen Union bei und sorgen seitdem automatisch für mehr Konkurrenz auch in den alten EU-Staaten.

Doch nicht nur Unternehmen, sondern unsere gesamte deutsche Volkswirtschaft wie auch unser Standort Ostwestfalen-Lippe treten in Konkurrenz. Immer deutlicher werden daher gerade jetzt die Baustellen, die wir hierzulande intensiv angehen müssen: Entindustrialisierung und Jobabbau, eine desolate Lage der öffentlichen Kassen, überforderte Sozialsysteme und die demographische Entwicklung, die unumkehrbar ist.
Dass die Menschen in Deutschland den Zwang zu Veränderungen einsehen und jeder seinen Teil dazu beitragen muss, zeigt sich immer mehr. Wir brauchen endlich langfristige wirtschaftspolitische Konzepte, die ein Gesamtbild ergeben - mit Sinn und Zweck der Maßnahmen, die die Menschen verstehen können.
Auch das Handwerk steht vor gewaltigen Veränderungen, wie es sie zuvor nicht gab. Wenn jetzt - in Folge der unausgewogenen Reform der Handwerksordnung - 80 Prozent aller Neugründungen in den zulassungsfreien Gewerken ohne jeden Qualifikationsnachweis entstehen, dann erhöht das zwar die Zahl der Existenzgründungen, nicht aber der ökonomisch relevanten Betriebe, die Arbeits- und Ausbildungsplätze stellen. Stattdessen unterstützt der Staat vor allem die Förderung von Kleinstunternehmen, jeder kennt das Stichwort der Ich-AGs oder den umstrittenen Einsatz von Arbeitsgelegenheiten auf »Ein-Euro-Basis«.
Das Problem der Arbeitslosigkeit ist langfristig allerdings nur gemeinsam mit dem etablierten Mittelstand zu lösen: Nur er kann in Deutschland in nennenswertem Umfang Arbeitsplätze schaffen, wenn man ihn lässt. Gerade das Handwerk weiß, wovon es spricht, weil es »lebenslang Deutschland« hat und in den Regionen vor Ort für Arbeit und Ausbildung sorgt. Welche Stärken das duale Ausbildungssystem entfalten kann, zeigte die hohe Ausbildungsbereitschaft der Betriebe im vergangenen Jahr - trotz einer außerordentlich schwierigen wirtschaftlichen Lage. Damit beweist das Handwerk einmal mehr, dass es seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachkommt und den gemeinsamen Wertekonsens mit Leben erfüllt. Daran gilt es anzuknüpfen.
Qualifizierung und Bildung, neue Absatzmärkte und modernes Personalmanagement, Nutzung von Informations- und Kommunikations-techniken sowie der Technologietransfer ins Handwerk und die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft im Innovationsbereich bestimmen das Handwerk der Zukunft. Das bedeutet, dass wir unsere Betriebe mitnehmen und sie fit machen für die Märkte von morgen. Allem voran für die Zukunftstrends, die sich aus der Alterung der Menschen oder der zunehmenden Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologien in allen Bereichen des Lebens ergeben.
Das Handwerk kann und muss hier neue Dienstleistungen anbieten. Dazu gehören Erhalten und Pflegen statt neu zu bauen, Coaching und Beratung, Befriedigung der Sicherheits- und Bequemlichkeitsbedürfnisse sowie die vereinfachte Abwicklung von Kundenaufträgen. Genau darauf zielen die kommenden Dienstleistungs- und Unterstützungskonzepte. Stichworte dafür sind Erledigung aus einer Hand, modulare Bau-, Wohn- und Einrichtungskonzepte oder die Kombination des Angenehmen mit dem Nützlichen, wie es zum Beispiel in manchen Bar-Friseur-Kombinationen oder von Malerbetrieben, die das Haus im Urlaub des Kunden verschönern, bereits gemacht wird. Egal, welche neuen Angebote das Handwerk auch vermarktet: Wichtig dabei bleibt, die Fokussierung ganz auf die Bedürfnisse des Kunden auszurichten und durch Qualität und Service zu bestechen. Das zeichnet das Handwerk aus, dass es gerade durch seine Nähe zum Verbraucher Kundenbindung aktiv betreiben und früh in Nischenmärkte vorstoßen kann. Das ist sein Alleinstellungsmerkmal. Denn gegen Preisverfall und Massenmärkte helfen langfristig nur individuelle Lösungen im engen Kontakt mit den Nachfragern. Wenn der Kunde das Gefühl hat, im Handwerk etwas Einzigartiges zu bekommen, so beauftragt er beim nächsten Wunsch wieder das Handwerk. Das ist das Credo langfristiger Kundenbeziehungen auch in schwierigen Zeiten. Fazit: Wenn wir unser bisher gewohntes Preisniveau halten wollen, werden wir uns auch in Ostwestfalen-Lippe auf Dauer nur durch konsequente Qualitätssicherung und -verbesserung von Angeboten aus anderen europäischen Staaten abheben können.

Artikel vom 26.05.2005