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Bauherr rastet aus: angeklagt

Er wollte Schulden eintreiben

Von Christian Althoff
Herford (WB). Ein Bauherr (54) aus Herford muss sich demnächst wegen räuberischer Erpressung vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm in ihrer jetzt fertiggestellten Anklage vor, den früheren Geschäftsführer eines insolventen Bauunternehmens massiv bedroht zu haben, um sein Geld zurückzubekommen.
Durch diesen Rohbau verlor das Ehepaar 108 000 Mark.
Kaufmann Gerd S. (54) und seine Ehefrau hatten im Jahr 2000 mit dem Herforder Bauträger »Wistra« einen Vertrag geschlossen. Doch nach drei Monaten tat sich auf der Baustelle des Einfamilienhauses nichts mehr. »Wistra«-Geschäftsführer Dirk S. hielt das Ehepaar hin, bis seine Firma in Konkurs ging. Die Vorauszahlungen der Familie in Höhe von 108 000 Mark waren verloren, nur mit einer weiteren Hypothek hatte das Haus damals fertiggestellt werden können.
Als Gerd S. im vergangenen Jahr in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, wollte er die 108 000 Mark bei Dirk S. eintreiben. Er heuerte für 5000 Euro den Russlanddeutschen Alexander H. (42) aus Bad Salzuflen an (»Nur zum Einschüchtern«) und suchte am 23. Dezember das Haus von Dirk S. in Bünde auf. Dort bedrohten die mit einer Pistole und einem Schlagstock bewaffneten Männer erst die Ehefrau und später den herbeigerufenen Dirk S. Sie forderten ihn auf, innerhalb einer Woche 55 000 Euro zu beschaffen. Als das Geld am 3. Januar übergeben werden sollte, griffen Polizisten zu und nahmen die beiden Täter fest.
Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatte »Wistra«-Geschäftsführer Dirk S. seinerzeit die von dem Ehepaar gezahlten 108 000 Mark nicht an die Bauhandwerker weitergeleitet. Da es sich bei »Wistra« jedoch um eine GmbH gehandelt habe, könne Dirk S. für die Forderung des Ehepaares nicht persönlich haftbar gemacht werden, heißt es in der Anklage. Der Prozess gegen Bauherrn Gerd S. und seinen Helfer soll im Sommer vor dem Schöffengericht Herford stattfinden, der Termin steht noch nicht fest.
Dirk S. hatte nach der »Wistra«-Pleite das Unternehmen »Baukosten-Optimierung« (BKO) geführt, das Anfang dieses Jahres ebenfalls in Konkurs gegangen war. Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld wegen Verdachts der verspäteten Insolvenzanmeldung gegen Dirk S. Insolvenzverwalter Hans-Achim Ernst aus Herford sagte gestern, mehr als 50 Handwerksbetriebe hätten Forderungen gegen die »BKO«-GmbH angemeldet. Zudem gibt es 168 private Bauherren, von denen zahlreiche ihr Geld verloren haben - wie Agnes L. aus Herford: »Wenn mein rückenkranker Mann und mein Onkel unseren Rohbau nicht in Eigenleistung zu Ende bringen würden, hätten wir den Traum vom eigenen Haus schon längst begraben müssen.«

Artikel vom 20.05.2005