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Bielefelder Ferrari wurde
Bande zum Verhängnis

Haftstrafen für Mercedes-Diebe: Keine Bewährung


Bielefeld/Bad Oeynhausen (uko). Die Mitglieder der Mercedes-Benz-Bande sind zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Das Landgericht Bielefeld verurteilte am Mittwoch den Polen Krzysztof B. (30) wegen Bandendiebstahls zu sechseinhalb Jahren Haft, der Bad Oeynhausener Automechaniker Marco B. (30) soll zwei Jahre und vier Monate Haft wegen der Beihilfe zu den Taten absitzen.
Ausgerechnet der Diebstahl eines Ferrari in Bielefeld sorgte für die Aufklärung in diesem ungewöhnlichen Fall organisierter Kriminalität: Der italienische Sportwagen war im März 2004 in einer Tiefgarage an der Detmolder Straße gestohlen worden. Sieben Monate später wurde der Ferrari in einen Auffahrunfall auf der Autobahn 2 bei Bad Oeynhausen verwickelt. Der Fahrere flüchtete, doch eine Ölspur wies den untrüglichen Weg zu einer Scheune im Bad Oeynhausener Stadtteil Volmerdingsen. Dort wurde Automechaniker Marco B. festgenommen.
Dem 30-jährigen Mann sei »gezwungen gewesen, mit der Polizei zu kooperieren«, sagte Kammervorsitzender Dieter Fels gestern in seiner Urteilsbegründung. Damit entkräftete der Richter das allgemein geäußerte Argument, der Bad Oeynhausener habe sich als Kronzeuge verdient gemacht. Die Beweislast war seinerzeit denn auch erdrückend: In der Scheune standen sieben Luxuslimousinen, die in der ganzen Bundesrepublik gestohlen worden waren. Der Dieb war stets der Pole Krzysztof B. gewesen, der sich auf hochwertige Mercedes-Benz-Modelle spezialisiert hatte. Es handelte sich vornehlich um SL 55 AMG, S 600, S 500 oder S 430. An den Fahrzeugen hatte B. in jedem Fall das Steuergerät ausgetauscht, das dann in Polen neu programmiert worden war. Auf diese Weise hatte die Bande sogenannte Doubletten-Fahrzeuge erstellt, die mit den Daten tatsächlich existierender, anderer Limousinen ausgestattet worden waren. Bis auf die sichergestellten Autos waren die Daimler sämtlich in Osteuropa verschwunden.
Staatsanwalt Franz-Josef Weber hatte in seinem Plädoyer bemängelt, dass - wie so häufig in Fällen organisierter Kriminalität - »nicht alle Fragen beantwortet worden« seien. Insbesondere war dem Polen nicht zu widerlegen, keine Kenntnisse über die Identität seiner Hintermänner zu haben. Der Bad Oeynhausener Marco B. wurde von allen Prozessbeteiligten zweifellos als Handlanger eingestuft. Indes erteilte Fels den Bemühungen von Verteidiger Mario Prigge eine Absage, für seinen Mandanten gar eine Bewährungsstrafe zu erreichen. Schon der volkswirtschaftliche hohe Schaden verbiete dies, machte Dieter Fels deutlich.

Artikel vom 19.05.2005