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Ltd. & Co. -Êdie Zukunft
des Mittelstandes?

Vor- und Nachteile der englischen Rechtsform

Dr. Heinz T. Petermann
Englische Limiteds (Ltd.) mit deutschen Niederlassungen erfreuen sich seit zwei Jahren zunehmender Beliebtheit. Denn wer zum Beispiel eine zündende Geschäftsidee hat, will sie schnell umsetzen. Wer dann in Deutschland eine GmbH gründen will, muss jedoch oftmals mehr als drei Monate warten, bis alle Formalitäten geklärt sind.

Bislang war jedes Unternehmen mit Sitz in Deutschland im Wesentlichen deutschem Recht unterworfen. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch klar gestellt, dass Kapitalgesellschaften eines EU-Staates auch in allen anderen anzuerkennen sind. Vielen Gründern kommt daher die britische Unternehmensform Private Limited Company (Ltd.) wie gerufen. Und laut Schätzungen wird bereits etwa jede vierte Kapitalgesellschaft in Deutschland als Ltd. eingerichtet.
Doch eignet sich eine solche Rechtsform auch für den Mittelstand? Viele Gründer werden allein mit scheinbaren Vorteilen gelockt: »Schnell, unbürokratisch, ohne Pflicht zur Rentenversicherung und mit einer Gesellschaftseinlage von nur ein Pfund« sind nur einige der Schlagworte. Mittlerweile gibt es viele mehr oder weniger seriöse Beratungsfirmen, die für weniger als 1000 Euro die komplette Abwicklung bis zur Gründung der »Limited« übernehmen.
Den Vorteilen bei der Gründung der Ltd. stehen häufig auch Nachteile gegenüber. Das Rechtsumfeld einer englischen Gesellschaft ist in Deutschland häufig nicht hinreichend bekannt. Kommt es zu Rechtsstreitigkeiten, wird man unter Umständen auf Spezialisten zurückgreifen müssen, die nur zu einem entsprechend hohen Entgelt zu bekommen sind. Gerade der im Vergleich zur GmbH vermeintliche Vorteil einer einfacheren und kostengünstigeren Gründung einer Ltd. kann durch mangelnde Kenntnis englischer Rechtsvorschriften und damit verbundenen Folgekosten ins Gegenteil verkehrt werden. Es muss jedem klar sein: Mit der Gründung einer Ltd. gilt nicht nur das englische Recht für Kapitalaufbringung und -erhaltung - auch alle übrigen Rechtsverhältnisse richten sich nach englischem Recht. Das betrifft vor allem die Organe der Gesellschaft, ihre Rechte und Pflichten und die Vertretung der Gesellschaft nach außen. So sind zur Erfüllung der formalen Pflichten einer Ltd. mindestens zwei Personen zu benennen: ein Director (Geschäftsführer) und ein Company Secretary (Schriftführer). Diese müssen ein »registered office« in England einrichten, an dem alle wesentlichen Dokumente, zum Beispiel aus der Buchhaltung, aufzubewahren sind. Hinzu kommt: Besitzt die in England gegründete Ltd. eine Zweigniederlassung in Deutschland, und das dürfte bei unseren Beispielen nahezu immer der Fall sein, muss die Gesellschaft nicht allein deutsche, sondern auch britische Offenlegungspflichten beachten. So sind »annual returns« beim »Companies House«, vergleichbar mit dem deutschen Handelsregister, einzureichen, die Aufschluss über die geschäftlichen Aktivitäten geben. Darüber hinaus ist ein nach englischem Recht aufgestellter Jahresabschluss, selbstverständlich in Englisch, inklusive Prüfertestat abzugeben. Die Einhaltung der genannten Regeln wird von den britischen Behörden streng überwacht - Vergehen können bis zur Löschung einer Ltd. führen.
Um einen Gegenpol zur britischen Limited zu schaffen, plant die Bundesregierung die Gründung von »Ein-Euro-GmbHs« zu ermöglichen. Es darf jedoch bezweifelt werden, ob ein solcher Wettbewerb um das geringste Gesellschaftskapital sinnvoll ist. Aus unserer Tätigkeit am Standort Bielefeld und in Ostwestfalen wissen wir, dass viele mittelständische Mandanten weniger Probleme mit dem Steuerrecht, sondern vor allem mit den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben.
Nicht immer dauert die GmbH-Gründung zudem volle drei Monate. Viele Amtsgerichte bemühen sich um eine Eintragung innerhalb von vier Wochen, was verhältnismäßig kurz ist. Denn wer seriös ein Unternehmen gründet, wird mindestens eine Liquiditäts- und Ergebnisplanung aufstellen und Bankgespräche führen. Allein diese Vorbereitungen nehmen ganz sicher mehr als vier Wochen in Anspruch.
Die Gretchenfrage lautet vielmehr: Wie reagieren Lieferanten auf Ein-Euro-GmbHs? Erfolgt die Warenlieferung nur gegen Vorkasse? Stellen Sie sich einen Friseurmeister vor, der einen Salon eröffnet. Haarfarben und Dauerwellflüssigkeiten unterliegen selbstverständlich dem Eigentumsvorbehalt des Lieferanten. Aber wie wirkungsvoll ist dieser, wenn die Produkte sich auf dem Kopf der Kunden befinden und er auf seiner Rechnung sitzen bleibt? Bei einer Absicherung der GmbH mit nur einem Euro fällt diese für die Haftung praktisch aus. Die Lieferanten werden sicher die Gesellschafter in die persönliche Haftung nehmen wollen. Damit wird aber der eigentliche Sinn der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ad absurdum geführt.
Was heißt das für den Mittelstand? Je nach Unternehmen wird unsere Empfehlung »GmbH« oder »GmbH & Co. KG« lauten. Wenn beispielsweise hohe Anlaufverluste zu erwarten sind, ist die zuletzt genannte Gesellschaftsform steuerrechtlich günstiger, denn dort können die Kommanditisten ihre Verluste mit Gewinnen aus anderen Einnahmen verrechnen. Übrigens: Die »Ltd. & Co. KG« kann im Gegensatz zur Ltd. und Ein-Euro-GmbH durchaus interessant sein, denn in Kombination mit der KG ist das Kommanditkapital für die Haftung entscheidend - und nicht das der GmbH. ei Gründungen beziehungsweise Fragen der Rechtsform sollte das jeweils Beste aus beidem kombiniert werden.

Artikel vom 26.05.2005