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Unser Land braucht
mehr Innovationen

Aus Ideen müssen marktfähige Produkte werden

Von Dr. Hannes Frank
Der Patient »Deutschland« kommt nicht recht auf die Beine. An Diagnosen fehlt es nicht, aber über die richtigen Rezepte streitet man sich. Ein ordentliches Wirtschaftswachstum wäre sicher das Heilmittel. Das lässt sich aber nicht herbei beten, sondern nur herbei arbeiten. Gefragt sind für unser ehemaliges Wirtschaftswunder-Land Innovationen und nochmals Innovationen.

Das klingt banaler als es ist. Innovation ist nämlich mehr als neue Technologien, Produkte oder Produktionsverfahren. Innovation bedeutet genauso Erneuerung und Veränderung des Staates, der Sozialsysteme, der Bildung, des gesellschaftlichen Miteinanders, der Kultur der Unternehmen. Innovation ist kein Modewort, sondern Zukunftsfähigkeit. Und dabei sind alle gefordert.
Gute Ideen gibt es genug, in der Wirtschaft und auch in der Politik. Das reicht aber nicht für den Erfolg. Eine positive Entwicklung gibt es erst dann, wenn aus Ideen marktfähige Produkte gemacht und dann auch verkauft werden. Die Unternehmer wissen das. Viele Politiker müssen es noch lernen.
In der Politik vermisse ich seit langem den Willen zur Veränderung. Regierung und Opposition blockieren sich gegenseitig, Reformen kommen nicht voran. Statt endlich konsequent die Hausaufgaben in der Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik zu machen, werden Schuldvorwürfe verteilt. Geradezu unerträglich finde ich den jüngsten Versuch, mit dem ausgeleierten Vokabular des Klassenkampfes einen Keil zwischen Beschäftigte und Unternehmer zu treiben. Mehr Innovation bitte, weniger Agitation!
Auch wir Unternehmer sind dafür verantwortlich, dass Innovation stattfindet. Die Erfindungen für morgen sind längst gemacht. Unser Job ist es, die Zeitspanne bis zur Marktreife zu verkürzen. Die Schnellen schlagen die Langsamen. Nur wer im eigenen Unternehmen Abläufe optimal gestaltet, kurze Wege und direkte Kommunikation etabliert, wird in der Weltspitze mithalten können.
Bei uns in der JOWAT AG ist Innovation lebenswichtig. Deshalb sind mittlerweile zehn Prozent unserer Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung beschäftigt. 20 Prozent unseres Umsatzes machen wir in Regionen, in denen wir vor vier Jahren noch nicht tätig waren. Und 35 Prozent erwirtschaften wir mit Produkten, die jünger sind als vier Jahre. Ohne Innovationen könnten wir nicht in der ersten Liga mitspielen. Und das hätte natürlich auch Konsequenzen für Rendite und Arbeitsplätze.
In Ostwestfalen-Lippe sind die Voraussetzungen für innovative Unternehmen gut. Wir haben eine funktionierende Hochschul-Landschaft, zu der die Wirtschaft intensive Kontakte pflegt. Es gibt bei uns Unternehmens-Netzwerke mit viel kreativem Potenzial, zum Beispiel im Maschinenbau oder für die Möbelindustrie. Außerdem sind wir Modellregion für Bürokratieabbau. Und letztendlich sind wir eine liebenswerte Region mit hoher Lebens- und Freizeitqualität. Das ist ein großes Plus.
Stark ist OWL vor allem in der Forschung. Das gilt für den Maschinenbau, die Elektro- und Informationstechnik, aber auch in der Bio- und Lebensmitteltechnologie. Als jüngstes Kind ist an der Uni Bielefeld das BINAS-Institut eingerichtet worden, das sich mit Nanotechnologie beschäftigt, also atomaren Strukturen.
Das alles müssen wir weiter entwickeln. Denn die genannten Bereiche werden über die technische Innovationskraft der Region OWL entscheiden. Ich hoffe, dass die Bedenkenträger in diesem Land die Nanotechnolgie nicht genauso zerreden wie die Gen- und Biotechnik, indem man Ängste schürt.
Was wir in der Forschungslandschaft OWL noch brauchen, ist ein renommiertes Forschungsinstitut. Dafür müssen wir uns stark machen. Es wäre fatal, wenn OWL auf Dauer die einzige Region in Deutschland bliebe, in der es weder ein Fraunhofer- noch ein Max-Planck-Institut gibt. Was mir auch noch fehlt, sind mehr (An)-Institute, mehr Ausgründungen aus den Universitäten und mehr Selbstständigkeit für die Hochschulen. Damit kann dann noch marktnäher geforscht werden. Unternehmer und Hochschulen müssen dazu noch stärker aufeinander zugehen.
Ein großes Problem der Zukunft ist der entstehende Nachwuchsmangel bei Ingenieuren und Naturwissenschaftlern. Es gilt, die verbreitete Technikfeindlichkeit zu überwinden. In den Schulen, in den Familien müssen wir dafür werben, dass junge Menschen als Naturwissenschaftler, als Ingenieure ein erfülltes und sicheres Berufsleben vor sich haben. In vielen Bundesländern bewährt sich die kooperative Hochschulausbildung, die die Ausbildung im Unternehmen und an der Hochschule verbinden. Für die Ingenieurausbildung gibt es das bereits an der Fachhochschule Lippe und Höxter.

Artikel vom 26.05.2005