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Tennis-Tanz
nach WM-Titel

GWO-Open-Wildcard an Waske

Düsseldorf (dpa). Die von Thomas Haas angeführten deutschen Tennisprofis sind mit dem vierten Triumph beim World Team Cup aus dem langen Schatten von Boris Becker und Michael Stich getreten und als Mannschafts-Weltmeister selbstbewusst wie nie zu den French Open aufgebrochen.
Als der in Düsseldorf überragende Haas im Endspiel gegen Argentinien die Auftaktpleite von Florian Mayer ausgebügelt und dann das Wunder im Duett mit Alexander Waske geschafft hatte, warfen die vor Wochenfrist noch derbe kritisierten Spieler ihre Rackets in den Himmel und tanzten mit Team-Kapitän Patrik Kühnen ausgelassen auf dem roten Sand.
»Es ist einfach toll, wieder mal eine Trophäe hoch zu halten«, sagte Haas, der wie Nicolas Kiefer schon 1998 im Siegerteam gestanden und mit seinem unerwarteten 6:4, 6:3 gegen French-Open-Gewinner Gaston Gaudo den Grundstein zum neuerlichen WM-Gewinn gelegt hatte. Denn als Mayer, der tags zuvor gegen Spanien noch die Kastanien aus dem Feuer geholt hatte, nach dem ernüchternden 1:6, 1:6 gegen Guillermo Coria geknickt vom Platz trottete, gab keiner der 8 400 Zuschauer im Rochusclub einen Pfifferling auf die Deutschen.
Doch die Mannschaft zeigte Courage und biss sich durch - allen voran das von Kühnen hoch gelobte »Weltklasse-Doppel« Haas/Waske, das die Zufalls-Kombination Coria/Guillermo Canas mit 6:1, 6:2 vom Platz fegte. »Teamerfolge sind immer die größten Erfolge«, meinte Waske. »Wir haben gezeigt, wie man im eigenen Land Weltmeister wird«, ergänzte er in Richtung Fußball-Nationalteam. Belohnt für seine Vorstellung wurde Waske auch von Gerry Weber Open-Turnierdirektor Ralf Weber, der eine Wildcard für die Gerry Weber Open spendiert. Die erhält auch Rainer Schüttler.
Kapitän Kühnen genoss den Triumph seiner zuletzt bitter enttäuschenden Spieler und freute sich, dass die konstruktive Manöverkritik so rasch Früchte getragen hat. »Wir haben hier Sensationelles geleistet«, meinte der frühere Profi, der beim ersten Erfolg 1989 zum deutschen Team um Boris Becker gehört hatte. Auch damals war Argentinien der Gegner gewesen. Becker war zudem 1994 der »Leitwolf«, während 1998 Stich die Nummer eins war.
Im Daviscup im September in Tschechien muss sich erweisen, was der WM-Titel wirklich wert ist. Dann geht es um die Rückkehr in die Weltgruppe. »Wir sind ein Stück mehr zusammen gewachsen. Jeder Spieler erkennt, welches Potenzial in ihm steckt, wenn der Zusammenhalt da ist. Das ist für uns als Mannschaft wichtig«, meinte Kühnen.
»Wenn ich hier jetzt so sitze und mein Bier trinke auf leeren Magen, dann fühle ich mich schon etwas platt«, sagte Haas und stellte den mit einem mächtigen Schluck geleerten Kelch auf den Tresen. Die vier Spiele gegen die als Rekordsieger eingeholten USA und Spanien sowie Schweden und die übermächtig erscheinenden Sandplatz-Experten aus Argentinien haben Kraft gekostet, die den Weltmeistern bei den heute startenden French Open fehlen könnte. »Es war nicht die beste Vorbereitung, aber dieser Sieg hier ist mir wichtiger«, sagte Haas.

Artikel vom 23.05.2005