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»Schlüssel umdrehen - los geht's«

Recycling-Spezialist produziert imposante wie leistungsstarke Maschinen

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Gesamtkompetenz ist das Erfolgsrezept bei B. Maier. Wer bei dem Bielefelder Recycling-Spezialisten eine Anlage zur Holzzerkleinerung oder Spanplattenfertigung bestellt, bekommt ein perfektes Gesamtpaket. Robert Loth (56) nennt sein Angebot »Turn key«: Schlüssel umdrehen und los geht's. Die ebenso imposanten wie leistungsstarken Maschinen schätzt man in USA und Russland ebenso wie in Brasilien und Österreich - immer individuell zugeschnitten.

»Ein gutes Gefühl, wenn wir so weit sind«, sagt Robert Loth beim Anblick des gewaltigen Sattelaufliegers unter dem Portalkran. Unter der Ladeplane verschwunden ist, was die gut 70 Maier-Mitarbeiter in fünf Monaten vom reinen Konzept bis zur fertigen Maschine dreimal gebaut haben und was dem engagierten Team im Ortsteil Brackwede so schnell kein Mitbewerber nachmacht. Die 22 Tonnen schwere Maschine geht zunächst auf die Messe, dann direkt nach Russland zum Kunden. Loth: »Dort stehen schon zwei solcher Maschinen, aber keine so große Anlage.« Der imposante Holzzerkleinerer bringt mit 72 Messern und 1,60 Meter Durchmesser in der Zerspanungsmenge die doppelte Menge seiner Vorgänger, auch wenn der Durchmesser nur um 20 Zentimeter wuchs.
Die großen Anlagen, von denen Loth auch eine nach Japan verkauft hat, dokumentieren zugleich den Trend auf dem Zerspanungsmarkt: Weltweit werden immer größere Anlagen gefordert, in denen mindestens 500 000 Kubikmeter für die Spanplatten- und OSB-Industrie entstehen. In acht Jahren hat sich Maier, einst reiner Anbieter von Turbinentechnologie im Wasserkraftbereich, vom Anlagenbauer zum Komplettdienstleister im Holzrecycling entwickelt. Mehr als 30 der 70 Mitarbeiter sind Ingenieure. Die alten Fabrikgebäude aus den 20er-Jahren sind geradezu symbolhaft zu sehen für die unglaubliche Innovationsfähigkeit und Identifikation jedes einzelnen Mitarbeiters.
In der großen Maschinenhalle weht nicht nur frischer Wind, sondern vitaler Geist. Immerhin hat man bei Maier den größten Teil der Spitzentechnologie selbst entwickelt, belegt die Disziplinen Elektrotechnik und Simulation ebenso wie Konstruktion und Service mit eigenen Fachleuten.
In einem mit OSB-Platten abgeteilten Raum der großen Maschinenhalle hat Natascha Tschaikowski ihr ganz persönliches Erfolgserlebnis aufgebaut. Die junge Diplom-Mathematikerin ist seit zwei Jahren bei Maier und hat längst Karriere gemacht. Sie entwickelte eine Lasermessmethode zur detaillierten Messung einzelner Späne. Das System ist erst wenige Monate alt, aber bereits patentiert. Es ist für Natascha Tschaikowski ein Baustein in der Karriere, für ihren Chef Robert Loth ein Baustein in dem angestrebten Gesamtnetz von Informationstechnologie, die sich rund um die Maschine entwickelt hat. Über eine möglichst große Datenmenge lässt sich an den verschiedensten Stellen in den Verarbeitungsprozess eingreifen, von der Spanung über Silospeicher bis zur Pressenseite. Loth: »Dabei entsteht aus der Grunddatenmenge ein Leitfaden für die Produktionssteuerung, an dem man sich zum optimalen Ergebnis lang arbeiten kann.«
Dabei erlauben es die speziellen Zerkleinerungsmaschinen nicht nur, große Mengen von Fallholz vom Waldboden, alte Paletten oder Abschnitte aus der Holzindustrie zu Spänen oder Heizkraft zu verarbeiten. Wie wichtig es ist, anfallende Erträge des Unternehmens sofort in die Forschung und Entwicklung bis hin zu funktionstüchtigen Prototypen zu stecken, dokumentiert Robert Loth mit einem Auftrag ganz anderer Art.
Vor vier Jahren hatte Maier mit einem Kunden einen Zerkleinerer für Kunststoffe und Sortierabfälle aus dem Entsorgungssektor entwickelt. Das Material wird geschreddert und zu Pellets geformt, bevor es der Verbrennung zugeführt wird. Jetzt bekommt nicht nur der Kunde nach äußerst erfolgreichem Start die zweite Maschine gebaut. Eine Amortisation der einst enorm hohen Entwicklungskosten sieht Loth vielmehr in künftiger Gesetzgebung, was Deponierungund Entsorgung von Reststoffen angeht.
Von Bierkästen über Plastikplanen bis zu Matratzen wird alles der Verbrennung und damit der Kraft-/Wärmekopplung zugeführt. Loth: »Allein in Deutschland ist der Markt gut für 20 solcher Anlagen, die bis zu 20 Tonnen pro Stunde verarbeiten.« Beleg für den Optimismus des Chefs: Der hat aktuell seinen Ingenieurstab noch einmal aufgestockt. Und sucht Vertriebsleute für den Entsorgungssektor. Schließlich haben die Bielefelder allen Grund zu gesundem Selbstbewusstsein: Nach dem großen Wurf in der Holzsparte ist auch der Kunststoffzerkleinerer auf dem besten Weg dorthin.

Artikel vom 26.05.2005