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Gericht droht Rixe mit Haftbefehl

Prozessauftakt: SPD-Politiker trotz BGH-Beschlusses uneinsichtig

Bielefeld (uko). Günter Rixe beteuert zwar weiter seine Unschuld, die Richter der 9. Großen Strafkammer ließ seine vollmundige Erklärung am Dienstag kalt: Der Bundesgerichtshof (BGH) habe doch die Manipulationen des SPD-Politikers als Betrug gewertet, den 65-Jährigen damit als Betrüger abgestempelt.

Der neuerliche Prozess gegen den früheren Bundestagsabgeordneten (1987 bis 1998) ist allerdings notwendig geworden, weil die Karlsruher Bundesrichter mit der Verurteilung durch das Bielefelder Landgericht nicht in allen Punkten einverstanden waren. Im Mai 2003 hatte die 1. Wirtschaftsstrafkammer Günter Rixe zu drei Jahren Haft wegen Betruges, Manipulationen bei Wettbewerbsabsprachen, Beihilfe zur Untreue sowie Anstiftung zum Betrug verurteilt. Der Klempnermeister habe eine »Generalabsprache« mit dem Herforder Sanitärunternehmer Lutz-Peter Bl. getroffen und in den Jahren 1995 bis 2001 bei den Bauprojekten um die gemeinnützige Ausbildungsvereinen BAJ in Bielefeld und Magdeburg die Ausschreibungen verschiedener Gewerke manipuliert. Rixe sei die »Galionsfigur« gewesen, die »die politischen Fäden zog«. Gegen seinen Willen »lief nichts«, beleuchtete das Gericht seinerzeit die negative Seite dieser Stellung, Handwerker empfanden sich als »Marionetten«.
Der Bundesgerichtshof indes hob Teile dieses Urteils im Juni 2004 auf, sah jedoch Rixes Verurteilung als Betrüger in drei Fällen gerechtfertigt. Dafür waren Einzelstrafen von zweimal einem Jahr Haft und zehn Monaten ausgeworfen worden. Insgesamt müsse der Fall erneut vom Landgericht Bielefeld verhandelt werden.
Unbeirrt und ungeachtet dieses BGH-Beschlusses stellte sich Günter Rixe gestern als Opfer hin. In einer zwanzigminütigen Erklärung bezeichnete er den verstorbenen Lutz-Peter Bl. als »durchtriebenen Geschäftsmann, der nur hinter dem Geld her war und dabei über Leichen ging«. Er habe von den Manipulationen »nichts gewusst«. Den Gedanken an eine Flucht wies Günter Rixe weit von sich, denn »ich spreche nur Deutsch«.
Kammervorsitzender Dr. Werner Scheck belehrte den SPD-Politiker mit einer sarkastischen Replik: »In der Schweiz und in Österreich wird auch Deutsch gesprochen.« Das Gericht hatte den Haftbefehl gegen Rixe vor Wochen aufgehoben, weil keine Fluchtgefahr mehr vorliege. Nun jedoch - angesichts dieser Erklärung - drohte Scheck dem Angeklagten mit einem neuen Haftbefehl. Rixe stehe obendrein viel Geld zur Verfügung: Das BAJ hatte es unterlassen, von der Staatsanwaltschaft bei Rixe sichergestellte 118 000 Euro zu kassieren. Den Betrag hatte der Klempnermeister im November 2003 zurückerhalten. Im übrigen war ihm mit dem Aufhebung des Haftbefehls auch eine Kaution in Höhe von 50 000 Euro ausbezahlt worden. - »Die Lage ist prekär«, sagte Scheck. »So weit ich das vorläufig sehe, beurteilen Sie die Rechtslage höchst unzutreffend.« Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.

Artikel vom 18.05.2005