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Die erfahrbare Leichtigkeit
des perfekten Schwungs
»Sei schlabberig«: Les Bolland lehrt eine ganz andere Art des Golfens
Da steht er, ein britischer Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle: souveränes Lachen, beige Hose, grüner Pullover, weiße Mütze, gewinnende Freundlichkeit, Golfschläger. Nur der blaue Opel-Kombi passt ebensowenig zu ihm wie sein deutsches Lieblingswort. Und das ist zugleich seine Golf-Maxime: »Sei schlabberig!«
Les Bolland aus Liverpool ist mit seinem ganzheitlichen Konzept wohl einer der ungewöhnlichsten Golflehrer der Welt. Der Engländer mit festem Wohnsitz in Sarasota an Floridas Westküste propagiert »Spaß sofort!«, will »Golf spielen und nicht Golf arbeiten. Schluss mit Schieben, Drücken, Hacken, Schlagen, Kämpfen und Führen!«. Regeln und Etikette achtet er strikt, Technik lehnt er jedoch ebenso vehement ab. Kritiker schmähen ihn deshalb als Scharlatan, nicht wenige seiner Schüler sehen in ihm jedoch den neuen Golf-Messias. Die Wahrheit liegt -Êwie so oft -Êdazwischen.
Beim Golfen kommt es auf den richtigen Schwung an. Der Weg dorthin ist meist dornenreich und mit vielen Hürden gepflastert. Bis zu 14 Schläger darf ein Spieler mit sich führen. Für jeden und jede Situation gibt es in den zahllosen Golfpublikationen und -schulen immer neue Tipps, wie man den kleinen Ball am elegantesten und effektivsten Richtung Green, Fahne und Loch befördert. Wie stehen die Füße zum Ball? Beinstellung? Gewichtsverteilung? Grifftechnik und Armstellung? Aus welchen Phasen besteht ein Schlag nach erfolgreichem Rückschwung? Les Bolland reduziert das alles auf eine einzige Formel: »Sei schlabberig, höre auf Deinen Körper!«
Ein Holz, ein 5er Eisen, ein Wedge und ein Putter - mehr Schläger, die Bolland »Swinger« nennt und mit überlangem Graphit-Schaft ausgestattet sind, benötigt er nicht. Gemeinsam ist ihnen, dass der Schlägerkopf überdurchschnittlich schwer ist und so höhere Zentrifugalkraft entwickelt. Das ist umso wichtiger, als Les Bolland behauptet: »Es bedarf nur eines einzigen natürlichen Schwungs, um in allen Situationen auf dem Platz zu bestehen. Variabel ist lediglich die Geschwindigkeit, die unterschiedliche Weiten bringt.«
Egal, ob zwei Meter beim Einlochen oder 200 Meter beim Abschlag: Beim »Swingolf« ist der Bewegungsablauf gleich. Geübt wird er ausgehend von der kleinsten Bewegung. »Sei schlabberig, stehe so bequem, wie du willst, greife locker. Fühle die Bauchmitte.« Kraft ist ebenso wenig gefragt wie ein steifer linker Arm. Und deshalb wird zunächst einhändiges Swingen geübt. »Sei schwach«, kommandiert Les, »lass das Eisen völlig außer Kontrolle pendeln.« Stehen auf einem Bein bewirkt, dass die Armbewegung rund, flüssig und vor allen Dingen unkontrolliert, ja sogar unbewusst abläuft. Und er fordert seine Schüler auf, Extreme bewusst zu erfahren. »Wenn Du über den Ball geschlagen hast, swingst du beim nächsten Mal tiefer und triffst den Rasen.«
Mit dieser Methodik hat Bolland Blinden beigebracht, perfekte Abschläge zu zelebrieren. »Verliere den Respekt vor dem Ball! Habe Spaß, swing'! Man kann nicht zugleich swingen und treffen wollen. Misch' dich nicht in den Schwung ein. Wir vergöttern den Intellekt, aber der soll nicht befehlen und kritisieren, sondern uns nur vorschlagen, schlabberig zu sein und die Extreme auszuloten.« Der Spieler dürfe nicht zum Roboter verkommen, der für jede Situation ein Programm abrufe. »Wie garantiere ich, dass der Ball fliegt? Gar nicht! Habe Vertrauen zu dem, was Du nicht verstehst!« Und der Ball fliegt trotzdem. Besser und weiter als früher. Und das mit einer ungeahnten Leichtigkeit -Êohne Probleme im Rücken, ohne Schmerzen im Arm.
Wichtig sei es, jeden Tag zwei Minuten diesen Schwung zu üben - ohne Ball. Und dann zehn Bälle Putten über zwei Meter im Flur. So verinnerlicht man den Swing, erfährt langsam, aber sicher die individuell beste Schlägerhaltung und Beinstellung.
Sieben öffentliche Ferien-Kurse hält Les Bolland jedes Jahr in Florida ab, im Mai und September gibt er Unterricht in Bayern, Österreich und der Schweiz. Einzige Ausnahme: Direktor Werner Flegel vom Parkhotel in Bad Lippspringe hat es geschafft, Bolland zweimal jährlich nach Ostwestfalen zu holen. Wenn er auf dem Senne-Golfplatz der britischen Armee unterrichtet (der nächste Termin findet vom 16. bis 18. September statt), kommen die Schüler aus Schleswig-Holstein ebenso wie aus dem Rheinland oder den Niederlanden. Die restliche Zeit des Jahres verbringt Les Bolland mit geschlossenen Seminaren auf der ganzen Welt -Ê»zweimal war ich jetzt sogar schon in China.« Thomas Albertsen
Auskunft: Telefon 0 60 56/35 38 oder 0 52 52/96 30.

www.swingolf.net

Artikel vom 21.05.2005