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Blumen gehören bei
Frauen immer dazu

Filmfestspiele: Jarmuschs »Broken Flowers« vorgestellt

Cannes (dpa). Eher still war es gestern bei den Filmfestspielen, tagsüber. Der amerikanische Filmemacher Jim Jarmusch (52) hat mit der sanften, melancholischen Produktion »Broken Flowers« überrascht. Die Nächte allerdings sind zur Zeit recht turbulent in der Stadt an der Cote d'Azur.

Bill Murray, Sharon Stone und Jessica Lange sind die reifen Stars des Films über einen Mann, der durch einen anonymen Brief davon erfährt, dass er möglicherweise Vater eines Sohnes ist. Er macht sich auf die Suche nach drei Frauen, mit denen er vor rund 20 Jahren zusammen gewesen ist - und bringt immer Blumen mit.
Bill Murray spielt mit wortkarger, verzweifelter Komik ganz im Stil seines Erfolgs »Lost in Translation«. »Ich wollte schon seit langem einen Spielfilm mit Bill drehen«, sagte Jarmusch gestern. »Ich habe das Skript extra für ihn geschrieben.«
Jarmusch hat die Reise des Mannes zu seinen früheren Geliebten als Road-Movie inszeniert. Er trifft nicht nur auf seine Ex-Freundinnen, sondern auf deren Lebensstile und ihre Erfahrungen der letzten 20 Jahre, die sich in den kurzen Begegnungen spiegeln. »Ich wollte die Geschichte der einzelnen Figuren zeigen, es ging mir weniger um eine Story als solche«, erklärte Jarmusch seinen Ansatz. »Mich interessiert, was mit diesem Mann passiert, wenn auf einmal etwas in seinem Leben passiert.«
Wie verblühte, geknickte Blumen haben alle Hauptfiguren in »Broken Flowers« schon bessere Zeiten gesehen, auch die Französin Julie Delpy und die Engländerin Tilda Swinton. All ihre Gesichter, Häuser und Kleider geben mehr Aufschluss über ihre Erfahrungen und Gefühle als Dialoge. Jarmusch selbst war vor 22 Jahren mit »Stranger Than Paradise« zum ersten Mal in Cannes.
Und nun zur Nacht: Was wäre das Filmfestival ohne heiße Partys. Etliche luxuriöse Villen an der Côte d'Azur werden für die Nächte teuer vermietet. Vor den Eingängen zu den Strandbars der noblen Hotels am Boulevard La Croisette warten mit Einbruch der Dunkelheit die Geladenen im Glitzerkleid oder Smoking auf Einlass. Dabei haben die Deutschen in Cannes nicht nur mit ihren Filmen wieder an Prestige gewonnen, sondern auch mit ihren Festen.
Im prachtvollen Palmengarten der privaten Villa Babylone feierten beim deutschen Empfang am Montagabend 1000 internationale Gäste. Im Swimmingpool schwammen dicke Kerzen, an den Bars nebenan floss der Champagner. Til Schweiger und seine Frau Dana zogen beim Tanz die Blicke auf sich, und Berlinale-Chef Dieter Kosslick pflegte überaus fröhlich seine Kontakte.
Seit einem Jahr traut sich »German Films«, die Auslandsvertretung der deutschen Filmwirtschaft, den großen Abendauftritt in Cannes zu. Zuvor hatte man immer nur zu einem lauten, wuseligen Nachmittagsempfang in einer alten Markthalle geladen.

Artikel vom 18.05.2005