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Hoffmann am
Tatort gefilmt

Polizei wertete Bänder zu spät aus

Stade (dpa). Die niedersächsische Polizei hat den wegen zweifachen Kindesmordes angeklagten Marc Hoffmann bereits lange vor seinem zweiten Verbrechen gefilmt. Die Videobänder wurden zunächst aber nicht ausgewertet.
Levke und Felix wurden ermordet. Marc Hoffmann hat die Taten gestanden. Foto: dpa

Der Sprecher der Sonderkommission Levke, Günter König-Kruse, erklärte, der Wagen Hoffmanns sei auf mehreren Polizei-Videos zu sehen. Allerdings sei nicht zu erkennen, wer am Steuer sitze. Hoffmann hat gestanden, die achtjährigen Kinder Levke und Felix verschleppt, sexuell missbraucht und dann getötet zu haben. Levke war am 6. Mai 2004 in Cuxhaven-Altenwalde verschwunden, Felix am 30. Oktober in der Nähe seines Wohnortes Neu Ebersdorf im Kreis Rotenburg/Wümme.
Einem Zeitungsbericht zufolge soll Hoffmann am 11., 13. und 29. Juni auf den Parkplatz, auf dem er Levkes Ranzen und Jacke weggeworfen hatte, zurückgekehrt und dabei gefilmt worden sein - etwa vier Monate vor dem Verschwinden von Felix. Einen Aktenvermerk hierüber soll es erst am 23. November gegeben haben, gut drei Wochen nach dem Tod von Felix.
Auch den ersten konkreten Hinweis auf Hoffmann hat die Polizei lange vor dem Mord an Felix erhalten. Im Prozess gegen den 31- Jährigen vor dem Landgericht Stade sagte gestern die Frau aus, die nach eigenen Angaben eine langjährige Freundin der Familie des Angeklagten ist. Nach ihrer Aussage hat sie am 7. September bei einer Silberhochzeit einem mitfeiernden Polizisten von ihrem vagen Verdacht erzählt, ohne jedoch einen konkreten Beweis zu haben. Auf dessen Aufforderung hin habe sie dann am folgenden Tag eine offizielle Aussage bei der Polizei gemacht.
Sie sei darauf gekommen, dass der 31-Jährige der Täter sein könnte, weil dessen Vater einmal ihre eigene Tochter belästigt habe, berichtete die 57-Jährige aus dem Sauerland. Das Kind habe ähnlich wie Levke ausgesehen. Sie habe sich damals gedacht, der Sohn habe ähnliche Neigungen wie der Vater: »Der hat dieselben Gene.« Sie habe Hoffmann auch deshalb für den möglichen Täter gehalten, weil sie sich erinnerte, dass sie bei gemeinsamen Urlauben in seiner Kinderzeit mehrfach durch Altenwalde gekommen seien.
Der Angeklagte habe ihr zudem einmal erzählt, wie schön und einsam der Wald sei, in dem später die Leiche von Levke gefunden wurde. Auch Hoffmanns Vorstrafe wegen Vergewaltigung aus dem Jahr 1994 habe sie erwähnt. Nach ihrer Aussage habe sie erst am 24. November offiziell etwas von der Polizei gehört. Die Frau beschrieb Hoffmann als »freundlich und hilfsbereit«. Er sei aber auch ein Einzelgänger gewesen, der von seiner Mutter dominiert wurde.

Artikel vom 18.05.2005