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Zurück auf den grünen Hügeln

Keine Toten - Briten kehren aus dem Irak in die Catterick-Kaserne heim

Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Ohne auch nur einen einzigen Mann verloren zu haben, ist das 7. Transportregiment in die Catterick-Kaserne zurückgekehrt. Die 300 britischen Soldaten unter dem Kommando von Lieutenant Colonel (Oberstleutnant) Steve Shirley haben einen sechsmonatigen Einsatz im unruhigen Irak hinter sich.

Tränenreiche Szenen des Wiedersehens, »Daddy!Daddy!«-brüllende Kinder und Ehepartner, die sich schluchzend in die Arme fallen? Nichts dergleichen. »Wir sind daran gewöhnt, dass unsere Männer ins Ausland geschickt werden«, versichert Michelle Chapman (36). »Das akzeptieren wir, kein Problem.«
»Die Soldaten wurden im Vorfeld des Einsatzes auf alle Eventualitäten vorbereitet, sie haben sämtliche Situationen durchgespielt«, erklärt Kommandeur Shirley. Die 300 »Bielefelder Briten«, verstärkt durch Truppen aus Gütersloh und anderen Städten, waren zudem im relativ stabilen Süden des Landes eingesetzt, bei Basra. Und das Regiment ist keine Kampfeinheit, sondern hat fern der Front in einem kleinen Camp die einheimischen Zivilisten mit Wasser und Lebensmitteln versorgt, die eigenen Leute zusätzlich mit Benzin und Munition.
Die Angehörigen daheim konnten also recht ruhig in die Zukunft blicken, zumal sie über Captain Paul Hill, den Familienoffizier, beständig Nachrichten aus dem Irak empfingen. Derweil setzten die Uniformträger ganz auf Völkerverständigung: »Wir haben jede Menge Dinge aus Privatbesitz verschenkt, sogar unsere Bettdecken«, berichtet Lee Chapman (36), der zu Hause seine Frau kaum wiedererkannt hätte. »Ich habe 18 Kilo abgenommen, um ihn zu überraschen«, sagt Michelle lächelnd und dreht sich kokett in ihrem leichten Sommerkleid. »Die Rechnung für die fällige neue Garderobe dürfte meine Gesundheit mehr gefährden als der Irak«, fügt Corporal Chapman hinzu - augenzwinkernd.
Alex (12), Louis (9) und Charlie (7) nehmen cool zur Kenntnis, dass Mum und Daddy wieder vereint sind - Ian Buntin und seine Beth freuen sich um so mehr. Jason Collins (31) dagegen hat wahrscheinlich noch gar nicht gemerkt, dass er wieder zu Hause ist: Selbstvergessen schaukelt er Little Mark auf dem Arm, von dem seine Frau Louise (32) vor gerade 22 Tagen entbunden wurde - in die Vaterfreuden weggetreten, marsch, marsch!
Kommt die Rede auf die ebenfalls im Irak stationierten »Waffenbrüder« aus den USA, verdrehen die Briten die Augen. Deren Aggressivität und Überheblichkeit im Umgang mit den Irakis stößt die europäische Kulturnation eher ab. »Wir haben ja auch ganz andere Aufgaben zu erfüllen - den Aufbau des Landes«, wirft Lt. Col. Shirley diplomatisch ein. Sechs Monate harter Arbeit unter glühender Sonne liegen hinter den »Jungs«. »Wir haben unsere Mission erfüllt und kehren erhobenen Hauptes zurück«, fasst Shirley den Einsatz »in theatre« (Soldatenslang) zusammen. »Keine Verletzten, außer beim Fußballspielen. Und ganz besonders habe ich in der flachen Wüste, in der braunen Einöde der irakischen Südprovinzen die grünen Hügel Bielefelds vermisst.«

Artikel vom 14.05.2005