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Kirchen vor Abriss retten

Katholiken und Protestanten wollen Gotteshäuser gemeinsam nutzen

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld/Paderborn (WB). Evangelische und katholische Christen wollen in Zukunft Kirchen gemeinsam nutzen. Dadurch können nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Schließung, Verkauf und Abriss überzähliger Gotteshäuser verhindert werden.

Martina Höhns, Sprecherin der Bischofskonferenz: »Nutzungspartnerschaften haben bei uns Vorrang.« Und die stellvertretende EKD-Sprecherin Silke Fauzi betonte: »Wir stehen einer ökumenischen Lösung offen gegenüber.«
Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß, hat den Kirchengemeinden bereits empfohlen, auch bei von Schließung bedrohten Gemeindezentren und Kindergärten mit den katholischen Gemeinden eine gemeinsame Lösung zu finden. »Wenn uns das Geld ausgeht, warum teilen wir denn dann nicht, was uns möglich ist, und nutzen zum Beispiel unsere Gemeindezentren miteinander und nicht jeder für sich eines allein«, meinte Buß im Gespräch mit dieser Zeitung. Buß: »Bauen wir doch an ökumenischen Partnerschaften direkt am Ort. Zeigen wir uns darin wechselseitig, was wir lieben.«
Bei der Gebäudenutzung gibt es nach Angaben von Andreas Duderstedt, Sprecher der Evangelischen Kirche von Westfalen, im Ruhrgebiet neue Aufbrüche, zum Beispiel in Bochum und Gelsenkirchen. Zudem habe man mit dem Ruhrbistum Essen gute Erfahrungen gemacht. In den Erzbistümern Paderborn und Münster würden solche Möglichkeiten geprüft und konkret ausgelotet.
Unter anderem nutzt bereits die evangelische Gemeinde in Bochum-Harpen ein katholisches Gemeindezentrum nebst Kirche gemeinsam mit der katholischen Gemeinde. In Gelsenkirchen-Resser nutzen Protestanten und Katholiken die katholische Kirche St. Ida und deren Gemeindehaus. Im Gegenzug übernimmt die evangelische Gemeinde dort den ehemals katholischen Kindergarten. Pfarrer Michael Blätgen: »Die Zusammenarbeit ist nicht nur ein Zweckverband - zahlreiche Ansätze tun dem Gemeindeleben gut. Das belebt und weitet den Blick.«
Die Evangelische Kirche in Deutschland besitzt insgesamt 75 000 Gebäude. Die Zahl der Kirchen wird mit 21 000 angegeben. Außerdem gibt es 3100 Gemeindezentren mit Gottesdienstraum, 9400 Gemeindehäuser, 17 100 Pfarrhäuser und 5100 Kindertagesstätten. Die Zahl der katholischen Kirchen wird auf gut 20 000 beziffert.
In Zukunft werde die Zahl der Pfarrstellen um mehr als ein Drittel zurückgehen, sagte Matthias Ludwig vom Kirchenbauinstitut Marburg dieser Zeitung. Dies werde sich auch auf den beträchtlichen Immobilienbestand beider großen christlichen Kirchen auswirken. Vor allem in den jungen östlichen Bundesländern müssten viele Kirchen saniert werden, um deren weiteren Verfall zu bremsen. Wegen dieser dramatischen Situation wirken dort bereits zahlreiche Fördervereine, um Gotteshäuser vor Verkauf und Abriss zu retten. Vor allem im Ruhrgebiet sowie in Hamburg, München, Nürnberg, Köln und Trier gibt es lebhafte Diskussionen über den Erhalt von Kirchen. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 14.05.2005