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Revier-King und
Bilanz-Meister

Aber um Rang zwei zittert Schalke

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). Glückwunsch, Knappen-Kappe ab. Im Presseraum ließen die Schalker nach dem so bitteren 1:2 gegen Borussia Dortmund tatsächlich über alle Bildschirme die Münchner Meisterfeier flimmern. Die so heiß begehrte Schale, sie ist weit weg.
Enttäuscht und schwach: Schalkes Torjäger Ailton.
Nah dran waren die »Königsblauen« mal vor zwei Monaten. Da standen sie tatsächlich auf Platz eins. Mit drei Punkten vor den Bayern.
Träume von gestern und Albträume von heute. Denn wenn es jetzt am finalen Spieltag ganz dumm läuft, dann kann der FC Schalke 04 tatsächlich noch von zwei auf vier rutschen.
Raus aus dem großen Champions-League-Geschäft, wieder nur mittendrin im kleineren Uefa-Cup? »Das darf nicht passieren. Wir werden uns noch einmal voll konzentrieren und in Freiburg den zweiten Matchball nutzen«, verbreitet Schalkes Chef-Trainer Ralf Rangnick Zuversicht.
Das erste »Endspiel« ging verloren, weil Schalke zu viele Torchancen ausließ und zudem immer wieder an dem überragenden BVB-Schlussmann Roman Weidenfeller scheiterte. Trainer Bert van Marwijk gestand: »Unser Sieg war sehr, sehr glücklich.«
Aber wen interessiert das noch?
Die drei Punkte sind weg. Das ärgerte Manager Rudi Assauer: »Wir hätten den Sack schon zumachen können.« Denn die Konkurrenz pennte ja ebenfalls. Stuttgart verlor sogar beim Absteiger Bochum 0:2, Hertha schaffte in Mönchengladbach nur ein 0:0.
Die Pannen der Rivalen, sie sollten die eigene Pleite schönen. Der Rangnick-Fernblick ging in fremde Räume: »Ich möchte nicht wissen, was jetzt in den Kabinen von Stuttgart und Berlin los ist.«
Das königsblaue Umkleidezimmer war allerdings auch nicht gerade eine Jubel-Kammer. Ebbe Sand kam mit finsterer Miene heraus: »Wir haben eine ganz große Chance verpasst.« Stürmer-Kollege Ailton, schwach und vorzeitig ausgewechselt, hatte ein Handy am Ohr: Er sprach mit seinen Lieben - und lieber nicht mit Kritikern.
Dafür redeten andere Schalker. Wie Marcelo Bordon, der energisch bestritt, die Elf sei am Ende einer langen Saison matt und platt: »Nein, so ist das nicht. Wir haben gut gespielt, wir haben uns Möglichkeiten erarbeitet. Nur die Treffer fehlten.«
Stimmt. Richtig ist aber auch, dass wichtigen Stützen wie Lincoln, Kobiaschwili oder Asamoah langsam aber sicher die Luft ausgeht. Rangnick fordert noch einmal letzten Einsatz: »In Freiburg wollen wir die erstklassige Liga-Saison mit einem Sieg krönen.«
Einen Titel haben sie ja bereits, die Schalker. »Die Nummer 1 im Pott sind wir« sangen die Fans schon vor dem Anpfiff. Und das bleibt auch nach dem 1:2 gegen Dortmund so. Die Königsblauen, endlich wieder »King« im Revier.
Und ein »Meisterstück« machten sie außerhalb des Platzes. Wie Finanzchef Josef Schnusenberg da negative Zahlen positiv verkaufte, das war absolute Spitze. 23 Millionen Euro Verlust, aber trotzdem Gewinner. Denn das Vereinsvermögen wuchs in nur einem Jahr von 82 auf 140 Millionen Euro.
Wie das geht? Schnusenberg: »Man zeigt, was man hat.« Also: Werte aktivieren. Stille Reserven heben. Ende 2005 soll eine schwarze Null stehen. Bilanz-Kosmetik auf höchster Ebene. Ein Niveau, das die Kicker auf dem Platz zuletzt nicht mehr erreichten.

Artikel vom 17.05.2005