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Plasmastrahl als universelles Werkzeug

Hochmoderne Technologie: Steinhagener Firma Plasmatreat feiert als Weltmarktführer Erfolge

Von Annemarie
Bluhm-Weinhold
Steinhagen (WB). In der Medizin wirkt Plasma Wunder. Als Blutplasma ohnehin - aber das ist diesmal gar nicht gemeint -, sondern auch als vierter Aggregatzustand. Der entsteht nach fest, flüssig und gasförmig und ist ein Medium, mit dem eine junge Firma aus Steinhagen (Kreis Gütersloh) als Weltmarktführer Erfolge feiert.

Plasmatreat entwickelt hochmoderne Technologie, mit der sich der Plasmastrahl zum universellen Werkzeug in allen Bereichen der Industrie machen lässt. Neuerdings eben auch zum Segen der Medizin.
Das Langnese-Honigglas kommt ebenso wenig ohne Plasma aus wie der Lego-stein, das Handy-Gehäuse, Scheinwerfer und Türdichtungen des Autos, CDs und DVDs und die Chipstüte. Plasma wird genutzt, um Kunststoffe, Metall und Glas - wirkungsvoll und umweltfreundlich - durch Feinreinigung vorzubereiten zum Bedrucken, Bekleben oder Lackieren. Es verändert die Struktur von Oberflächen chemisch-physikalisch gerade so, dass sie ihre Eigenschaften behält (dass etwa das Gold des Deckels des Langnese-Glases weiterhin glänzt), dass sie aber gleichzeitig mehr Energie besitzt und so - um beim Beispiel Honig zu bleiben - das Sicherheitsetikett sowohl auf dem Kunststoffdeckel als auch auf dem Glas haften kann. Plasma ist eben ein formbarer Zustand, kann ganz punktuell (etwa auf dem Honigglas) ebenso angewendet werden wie auf einer Breite von sechs Metern bei der Herstellung von Folien.
Und ein fokussierter Plasmastrahl führt sogar dazu, dass sich in der Medizintechnik Ampullen absolut keimfrei verschließen lassen - eine Weltneuheit, die das Steinhagener Unternehmen gemeinsam mit der Firma Rota zwei Jahre lang entwickelt und vor wenigen Wochen bei der Messe Interpack erstmals vorgestellt hat. Erste Aufträge liegen vor. »In diesem Bereich liegt eine unserer Zukunftschancen«, sagt denn auch Geschäftsführer Christian Buske.
Eine weitere ergibt sich gerade im Bereich der Speichermedien, der CDs und DVDs. Je mehr Daten sie aufnehmen müssen - und Christian Buske rechnet mit einer Verzehnfachung der Speicherdichte -, umso gleichmäßiger muss die Mi-krostruktur ihrer Oberfläche sein, damit es nicht zu Lesefehlern kommt. Ein Anspruch, den das wasseraufnahmefähige Polycarbonat des Rundlings nicht ohne weiteres, sondern nur mit Hilfe der Plasmatechnik zu erfüllen vermag. Die Technik zur Herstellung der Superaudio-CDs vermarktet Plasmatreat inzwischen mit der Bertelsmann-Tochter Avato. Und Philipps sowie weitere Unternehmen der Branche haben schon Interesse an der Technologie aus Steinhagen angemeldet. Was den Firmenchef freut: »Solche neuen Standards müssen schließich alle mittragen«, sagt er.
Seit 1995 ist der Diplom-Ingenieur Christian Buske in der Firma dabei. Bereits drei Jahre vorher fing Peter Förnsel in Oerlinghausen mit Experimenten zur Anwendung von Plasma an und gründete die Firma Agrodyn, seit 2001 heißt sie Plasmatreat. Seit 1997 hat das Unternehmen seinen Sitz in Steinhagen. Dort arbeiten 40 Mitarbeiter an der Entwicklung, Anwendung und am Vertrieb der hochmodernen Technologie, die durch unzählige Patente geschützt ist.
Von Steinhagen aus wird auch das globale Netzwerk gesteuert. 72 Mitarbeiter gehören weltweit zur Gruppe. In Süddeutschland unterhält Plasmatreat eine Niederlassung, in Frankreich, Spanien, England und in Italien Tochterfirmen - erst seit Januar gibt es im Zentrum für Nanotechnologie Plasmatreat SRL auf einem ehemaligen Werftgelände in Venedig. Internationale Kooperationen mit Partnern vor Ort machen die Steinhagener weltweit präsent.
Mit Riesenschritten hat die Firma nun den südostasiastischen Raum betreten. »Unser wichtigster Zukunftsmarkt«, sagt Christian Buske, der gerade selbst auf wichtigen Messen wie der Asean Plast und der Halbleitermesse »Semicon« in Singapur präsent war. Anfang Juni steht die »China Plast« an. »Unglaublich, was dort an Kunststoffmärkten vorhanden ist«, so Buske zu den vielversprechenden Potentialen, die die Firma doch nur dann ausschöpfen kann, wenn sie dringend weitere Kapazitäten aufbaut. Und ihre Zulieferer auch. Mitarbeiter werden gesucht.
Das Wachstum der Steinhagen Firma liegt derzeit bei zehn bis 15 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr. Aber es ist doch nicht alles: »Wichtiger ist uns, auch Wurzeln zu schlagen in neuen Märkten und Produktionen.«

Artikel vom 26.05.2005