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Steffi Graf spielt wieder
Tennis in Deutschland

Zweifache Mutter hilft mit ihrer Stiftung Kindern in Not

Hamburg (dpa). So gequält hat sie sich seit Jahren nicht mehr auf einem Tennisplatz. »Es ist schön, zwischendurch mal wieder den Schläger in der Hand zu halten. Ich habe dieses Jahr vielleicht zehn, zwölf Mal auf dem Platz gestanden und damit mehr Tennis gespielt als in den letzten fünf, sechs Jahren«, erzählt Steffi Graf (35) und lüftet das Geheimnis ihrer bevorstehenden Rückkehr ins Tennis-Geschäft.
Drücken Andre Agassi die Daumen: Steffi Graf und Sohn Jaden Gil.

»Im Oktober oder November wollen wir so etwas wie im vergangenen Herbst in Berlin wieder machen. Ich will versuchen, pro Jahr in Deutschland einen Showkampf zu machen, zu Gunsten meiner Stiftung 'Children for Tomorrow'.«
Und schon in diesem Sommer steht ein anderer Wettkampf an. »Naja, Wettkampf-Tennis wird man das nicht unbedingt nennen können«, relativiert sie schmunzelnd. Ein Spiel wolle sie im Kreis anderer Tennisstars bei der amerikanischen World-Team-Tennis-Serie bestreiten »und dann schaue ich mal, wie fit ich bin«. Ihr Mann Andre Agassi und auch Thomas Haas spielen mit bei dem Freizeitspaß, der den »Weißen Sport« wieder populärer machen soll.
Die Initiatorin Billy Jean King hatte Steffi Graf überredet und nicht mehr locker gelassen, als die versuchte, ihre Zusage rückgängig zu machen. Aus dem einen Auftritt soll aber keine Regelmäßigkeit werden. »Meine Zeit verbringe ich doch lieber mit den Kindern«, sagt die Jahrhundertsportlerin und streicht Tochter Jaz Elle (18 Monate) durch die blonden Locken.
Es ist Frühling in Deutschland, und die Familie Graf/Agassi ist zur Sandplatz-Tennissaison nach Europa und erstmals seit vier Jahren auch wieder an den Hamburger Rothenbaum gekommen. Wenn die Natur erwacht, zieht es Steffi Graf alljährlich aus der Wüste Nevadas in die Heimat. Blühende Rapsfelder, Spielplätze unter grünen Bäumen. Doch es wartet auch viel Arbeit auf die Stifterin, die in der Werbung einen hohen Stellenwert hat, »weil sie authentisch ist«, wie die Geschäftspartner betonen. Und die neuen Projekte ihrer Stiftung »Children for Tomorrow«, die sie Ende Mai nach Nordafrika führen werden, müssen vorbereitet werden.
Der Terminkalender ist voll, und trotzdem sieht Steffi Graf fit, gesund und rundum glücklich aus. Das Reisen mit zwei kleinen Kindern ist zur Routine geworden, auch wenn die Flüge durch die Zeitzonen manch schlaflose Nacht bescheren. Aber die Familie will natürlich so oft wie möglich beisammen sein. Und Steffi Graf freut sich besonders, wenn ihr Mann vor deutschem Publikum spielt. So wie in Hamburg, wo sich nicht nur der Sitz ihrer Stiftung befindet. »Außerdem habe ich hier gute Freunde und auch schöne Erinnerungen an das Turnier.« Sechs Mal konnte sie das Damenturnier am Rothenbaum gewinnen, bevor sie vor sechs Jahren endgültig mit dem Tennis aufhörte.
Ihr Mann Andre Agassi ist derweil noch nicht zum Aufhören zu bewegen. Wann es so weit ist, bleibt vorerst ein Geheimnis. »Ich weiß es nicht; er weiß es nicht«, behauptet Steffi Graf, die ihrem Mann in punkto Schlusspunkt im richtigen Moment ein Vorbild sein kann. »Ich versuche, ihm das alles zu erklären. Ich glaube, er freut sich auch auf die Zeit nach dem Tennis.« Noch sei diese Zeit aber nicht gekommen, erzählte er nach seinem Erstrunden-Aus in Hamburg. »Ich bin überhaupt nicht sicher, was nächstes Jahr ist.«
Langweilig wird es ihm ohne den Trubel auf der Tennis-Tour nicht werden. Wie seiner Frau liegen dem engagierten Stifter benachteiligte Kinder am Herzen. Steffi Graf hilft mit ihrer Stiftung »Children for Tomorrow« Kindern, die traumatisiert sind durch Krieg, durch Verbrechen, durch Gewalt und Vertreibung. »Wir können über die laufenden Projekte in Hamburg, Südafrika, Mosambique und dem Kosovo hinaus neue Projekte planen. Zum Beispiel wollen wir in Nordafrika mehrere Kindergärten und ein ärztliches Zentrum aufbauen.«
Ende Mai wird Steffi Graf in die Region reisen. Dann, wenn ihr Mann in Paris einmal mehr versuchen wird, seinen zweiten Titel in Roland Garros nach 1999 zu erringen. Es war das Jahr, in dem Steffi Graf in Paris ihren letzten von insgesamt 22 Grand-Slam-Triumphen gefeiert hat und die Liebe des Tennis-Traumpaares begann. Es wird ein schwerer Gang für die Mutter, die mit Verantwortung und Gefühl an die Aufgabe geht. Was sie erwartet, ist ihr nach vielen Reisen für »Children for Tomorrow« klar. Auch, dass ihr die Konfrontation mit dem Leid der Kinder wieder schwer fallen wird. »Die Begegnungen gehen einem nahe, sind aber auch mit Freude verbunden. Wenn man erkennt, dass man die Lebenschancen der Kleinen verbessern kann, ist das ein gutes Gefühl.«

Artikel vom 13.05.2005