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»Wimbledon ist mir am wichtigsten«

Im Gespräch: Tennisprofi Roger Federer, Weltranglisten-Erster und GWO-Titelverteidiger

Halle (WB). Er ist die unangefochtene Nummer 1 der Tennis-Welt. Roger Federer hat seit August des vergangenen Jahres gerade einmal zwei Spiele verloren - eine nicht für möglich gehaltene Siegesserie. Nach den French Open will er bei den 13. Gerry Weber Open (4. bis 12. Juni) seinen Titel verteidigen. Während des Masters-Turniers in Hamburg sprach der 23 Jahre alte Schweizer mit WB-Redakteur Hans Peter Tipp über seine sportlichen Ziele.Vorfreude in Hamburg auf Halle: Roger Federer (l.) mit seinem Trainer Tony Roche.Foto: Baldauf

Sie hatten seit den Australian Open Probleme mit den Füßen. In Mailand mussten Sie noch absagen, in Hamburg läuft es jetzt offenbar wieder richtig rund: Ist die Verletzung überwunden?Roger Federer: Es geht zumindest viel besser. Ich fühle mich auf jeden Fall frischer. Es war gut dass ich zu Hause sein konnte, dadurch konnte ich mich etwas ausruhen. Das war sehr wichtig, denn ich war seit November bis zum Turnier in Monte Carlo nur zwei Wochen in der Schweiz. Zwei Masters-Turniere am Stück wären jetzt sehr hart gewesen. Ich wollte kein Risiko eingehen für die wichtige Phase mit Hamburg, French Open, Halle und Wimbledon. Dafür muss ich fit sein. Jetzt habe ich ohne Schmerzen spielen können.

Müssen Sie sich in Zukunft mehr Pausen gönnen?Federer: Ich habe eigentlich genug pausiert, hatte ja auch den Daviscup abgesagt. Das muss man sich immer zwei Mal überlegen, solch eine Entscheidung gegen das Land und für die eigene Karriere. Das wurde mehr oder weniger gut akzeptiert in Schweiz, denn meine Ziele sind sehr hoch gesetzt. Ich bin die Nummer Eins der Welt und möchte das noch eine ganze Weile bleiben. Aber wenn man schaut, wie viele Turniere ich spiele, dann sind das nur 19. Andere spielen 28. Ich glaube, dass ich mittlerweile gelernt habe, wann ich spielen kann und wann nicht.

Sie haben die Grand-Slam-Turniere von Paris und Wimbledon genannt. Welches ist für Sie das Wichtigere?Federer: Es sind schon beides hochkarätige Turniere, die man immer gern gewinnt. Ich stelle mir den Moment, in dem ich die French Open gewinne, auch sehr sehr schön vor. Aber so weit bin ich noch nicht. Ich weiß, wie es sich anfühlt, Wimbledon zu gewinnen. Das war für mich der Traum, der in Erfüllung ging. Und natürlich, wenn ich da dreimal am Stück gewinnen könnte, wäre das schon das Maximum. Für mich wird Wimbledon immer das wichtigste Turnier auf dieser Erde bleiben, weil da alles angefangen hat. Aber trotz allem, die French Open zu gewinnen, würde mir viel bedeuten: Dann wäre der Grand Slam perfekt, wenn auch noch nicht hintereinander. Aber es gibt ja nur ein paar Spieler, die das geschafft haben.

Was halten Sie von dem 18-jährigen Rafael Nadal, der Ihnen den Thron streitig macht?Federer: Er hat in diesem Jahr eine beeindruckende Serie. Er ist jung, und ich habe selten gesehen, dass einer so eindrucksvoll spielen konnte in seinem Alter. Das hat sehr viel Respekt verdient. Ich freue mich, dass so einer kommt. Das ist eine Herausforderung mehr. Ich habe gegen ihn eine Superpartie in Miami gespielt, als ich nach zwei Sätzen Rückstand zurückgekommen bin. Solche Partien will man, die bringen einen als Spieler weiter.

Erstaunt Sie seine Dominanz auf Sand?Federer: Für mich ist es schon eine Überraschung, dass er jetzt so dominiert auf Sand. Aber ich wusste schon, dass er es drauf hat. Er konnte es in den vergangenen beiden Jahre bei den French Open nur deshalb nicht beweisen, weil er wegen Verletzung nicht gespielt hatte. Aber dieses Mal wird er bestimmt zu den absoluten Top-Favoriten zählen - auch in Zukunft auf jedem Belag.

Wird das Tennis künftig wieder stärker von Duellen wie diesem geprägt sein? Federer: Duelle sind immer interessant zu verfolgen für die Fans, aber ich glaube, dass meine dominante Zeit auch sehr interessant war. Jetzt wäre es vielleicht wieder schöner, mehr Rivalität zu haben. Konkurrenz ist genügend da mit Safin, Hewitt, Roddick, Nadal und Coria. Es wird sicherlich interessant sein, die nächsten Monate zu beobachten.

Wie beurteilen Sie zurzeit das deutsche Tennis?Federer: Das ist sehr ausgeglichen, mit Haas, Kiefer, Meyer Schüttler - da gibt es schon viele Spieler, das darf man nicht unterschätzen Ihnen fehlt vielleicht der Top-Ten-Mann. Es sind genügend Spieler da, aber es fehlt der Leader. Das ist vielleicht das Einzige. Aber wer weiß, vielleicht schafft einer schon bald das Comeback zu den besten Spielern.

Was bedeuten Ihnen die Gerry-Weber-Open in Halle? Federer: Ich habe mich dort von Anfang an wohl gefühlt. Als ich das erste Mal in Halle war, habe ich gleich das Viertelfinale erreicht. Das war für mich schon ein sehr gutes Resultat. Na klar, Halle muss man immer als Vorbereitung als Wimbledon nehmen, obwohl ich das nicht so sehe. Es ist aber das einzige Rasenturnier, das es vorher gibt. In Halle zu gewinnen, kommt immer gelegen. Dann habe ich mehr Matches, weiß, wo ich stehe und woran ich noch zu arbeiten habe. Die Trainingsbedingungen sind sehr sehr gut, das Publikum angenehm. Es gibt viele Komplimente von meiner Seite für das Turnier.

Reisen Sie wieder mit dem Auto an?Federer: Es kommt darauf an, wie ich die French Open spiele. Ich hoffe, ich komme nicht mit dem Auto - sondern direkt aus Frankreich.

Artikel vom 13.05.2005