18.05.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Ein leidenschaftlicher, unentwegter Zeichner«

Samuelis Baumgarte Galerie präsentiert Herbert Roschlau

Bielefeld (uj). Wer ihn noch als Kunsterzieher am Ratsgymnasium oder als Dozent an der VHS erleben konnte, wird sich der Begeisterung erinnern, die er als Kunstinterpret an den Tag legte. Daneben war Herbert Roschlau aber auch unermüdlich selbst künstlerisch tätig. Die Samuelis Baumgarte Galerie widmet dem 1989 in Bielefeld verstorbenen Künstler derzeit eine umfassende Retrospektive.

Nicht nur die Vielseitigkeit der Techniken und das hohe künstlerische Niveau machen diese Ausstellung zu etwas Besonderem, vornehmlich die vollständig seit den 20er Jahren erhaltenen, unterschiedlichen Werkphasen üben einen großen Reiz aus, weil sie allgemeine kunstgeschichtliche Strömungen im Kosmos individueller künstlerischer Auseinandersetzung widerspiegeln.
Roschlaus Zeichnungen der 20er Jahre erinnern in ihrem kritischen Realismus bisweilen an Otto Dix. Die 30er Jahre mit ihrer Weltwirtschaftskrise zeigen den Menschen gefangen zwischen Angst und Elend. Verschlagene Gestalten wie ein düsteres Diplomaten-Paar bestimmen die NS-Zeit, aber auch der Krieg und seine Folgen sind im Werk des Künstlers allgegenwärtig. »Gleichzeitig entstanden Aquarelle unter freiem Himmel als Ausdruck seiner Liebe zur Natur und seiner Freude an ihrer dauernden Schönheit«, sagt Galerist Alexander Baumgarte, der zur Ausstellung die Tochter des Künstlers, Heidemarie Seibt, begrüßen konnte.
Anfang der 50er Jahre schuf Herbert Roschlau eine Serie von eindrücklichen Holzschnitten. Das Schneiden und Drucken einer Platte war eine Herausforderung, die er suchte und die seinem Verlangen nach Expressivität entgegenkam.
Die Lust am Expressiven zeichnet auch seine Malerei aus. Neben Landschaften entstanden in den 60er Jahren Experimente mit Formen, Farben und Rhythmen, die zu abstrakten Kompositionen führten.
Alexander Baumgarte: »Bei allem war Herbert Roschlau ein leidenschaftllicher, unentwegter Zeichner. Die Linie war sein Element, zu ihr kehrte er immer wieder zurück. Naturstudien, Illustrationen, Karikaturen beschäftigten ihn bis ins hohe Alter. In den letzten Jahren seines Lebens zeichnete er liegend.«
Geboren wurde Roschlau 1906 in einem Dorf im Thüringer Wald, in Sonneberg verbrachte er seine Schulzeit. Schon als Schüler gehörte er der örtlichen Künstlerbewegung an und beteiligte sich an zahlreichen Ausstellungen. Er studierte in Kassel und Jena und lehrte ab 1935 am Reformgymnasium in Jena. Nach Krieg und Gefangenschaft kam er 1948 wieder in den Schuldienst. 1952 wurde er ans Ratsgymnasium Bielefeld berufen.
Die Ausstellung Herbert Roschlau, Einblick in ein Leben, läuft bis zum 12. Juni in der Dependence Obernstraße 28. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 11 bis 18 Uhr und Samstag von 10 bis 14 Uhr.

Artikel vom 18.05.2005