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An der Tankstelle `was erleben

Eine neue Theaterformation bereichert die Kulturlandschaft der Region

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). »Tankstellen sind Zentren moderner Kultur«, sagt Fritz U. Krause. Wie es um die Zukunft der Zapfsäule als Spender geistiger Ergüsse bestellt ist, bleibt zwar auch weiterhin ungewiss, Theater tanken ist hingegen ab sofort möglich. Im Theater Tankstelle, das seit kurzem die Kulturlandschaft der Stadt und Region bereichert.

Ihr Debüt hat die freie Theatergruppe, die sich aus einem festen Stamm und wechselnden Schauspielern, Musikern und Sängern zusammensetzt, mit Galgengeschichten nach Texten von Christian Morgenstern erfolgreich hinter sich gebracht. Zuschauer im FZZ Stieghorst und Gemeindesaal der Süsterkirche spendeten dem Schauspiel »Doch Du bist gut und edel« begeisterten Applaus.
Fritz U. Krause zeichnet nicht nur für die Inszenierung verantwortlich, der pensionierte Studienrektor (Ceci) schrieb auch das Buch zu dem Stück, das vom Dialog zweier Galgenbrüder lebt, die als närrische Spiegelbilder der Gesellschaft auftreten.
Ein Spiegel der Gesellschaft sein -Êmit diesem Anspruch geht das Theater Tankstelle generell an den Start. »Wir wollen kein Belustigungs- und Konsumtheater sein, sondern Stücke spielen, die zeitkritisch sind«, betont Krause. Auch am Skandal, der Provokation und der Entlarvung sei den Theatermachern nicht gelegen, vielmehr darum, im Sinne Friedrich Schillers »Abstand zu den Dingen zu gewinnen, die uns herabziehen.«
Krause kann dabei auf theatererfahrene Mitstreiter zählen. Herbert Niemeier, der tatsächlich in Stieghorst eine Tankstelle betreibt und als Initiator für das Projekt »Theater Tankstelle« verantwortlich zeichnet, spielte jahrelang in der Gruppe »Cameleon« mit, ehe sich diese ganz der Pantomime verschrieb. Dr. Heinrich Jürgenbehring, Theologe im Ruhestand, ist leidenschaftlicher Schauspieler, der seine private Schauspielausbildung unter anderem bei Sarah Mechel (Theatre-Studio) absolvierte und der zur Zeit noch an der freien Bühne Thespis in Bochum beschäftigt ist.
Bianca Wegener ist freie Theaterschauspielerin in Berlin, Astrid Berenguer bekannt als Jazz-Sängerin und Saxophonistin und Daniel Debrow Organist an der Süsterkirche. Ergänzt wird die Truppe durch Georg Glußko, der auch kein unbeschriebenes Blatt in Sachen Theatermachen ist.»Alle bringen ihre Erfahrungen mit, wir sind eine semiprofessionelle Gruppe und müssen nicht jedes Mal wieder bei Null anfangen«, betont Fritz U. Krause, der sich auf Stückeschreiben und Regie versteht und im Laufe der Jahre gut 15 Stücke inszeniert hat.
Mindestens zweimal werden die Galgengeschichten noch aufgeführt. Der Rotari-Club Oerlinghausen hat eine komplette Vorstellung gebucht und auf Gut Niederbarkhausen in Leopoldshöhe gibt das Theater Tankstelle das Stück gleich open air.
Wenigstens eine weitere Inszenierung soll nach dem Willen von Fritz U. Krause in diesem Jahr noch entstehen. Er liebäugelt mit Ingeborg Bachmann. Doch das ist noch Zukunftsmusik.

Artikel vom 19.05.2005