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Auch sonntags einkaufen

Heute im Gespräch: Ingo Wolf, FDP-Fraktionschef im NRW-Landtag

Bielefeld (WB). Für eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten auch am Sonntag hat sich FDP-Fraktionschef Ingo Wolf ausgesprochen. Dabei gehen die Liberalen noch weiter als die CDU, die die Öffnung von Geschäften in NRW von Montag bis Samstag rund um die Uhr erlauben will. Ein Interview von Reinhard Brockmann.
Verspricht »Das neue NRW«: Ingo Wolf, Spitzenkandidat der FDP bei der NRW-Landtagswahl am 22. Mai.
Jürgen Rüttgers sagt zehn Tage vor der Wahl, 11 Prozent Vorsprung müssten für Schwarz-Gelb reichen. Sind sie auch so vorsichtig?Wolf: Ich bin zuversichtlich, aber nicht übermütig. Ich kämpfe bis zum letzten Tag um die eine Stimme, die zu vergeben ist.

Gibt es noch Rezepte, die bei einer Million Arbeitslose und 110 Milliarden Euro Schulden weiterhelfen?Wolf: Wir brauchen einen Politikwechsel. Wir müssen weg von der Staatsgläubigkeit und Überregulierung hin zur Freiheit und Eigenverantwortung. Das ist der beste Weg aus der Krise.

Eine Million neue Arbeitsplätze bis 2015, die Sie versprechen, sind keine Frage des Wetters, oder doch?Wolf: Das Klima spielt eine sehr große Rolle und ist entscheidend dafür, dass wir einen Befreiungsschlag hinbekommen. Arbeitsplätze werden nur in Betrieben geschaffen, die Aussichten auf Profite haben. Die Chance für Unternehmen, Gewinne zu machen, schafft neue Arbeitsplätze.

Auch die Union sägt an der Bürokratie. Ladenöffnungszeiten von sechs Tagen mal 24 Stunden sind nicht zu toppen, oder doch?Wolf: Öffnungszeiten sind ein wichtiges Symbolthema. Wir können uns sehr gut vorstellen, dass am Sonntag neben Theatern und Museen auch Videotheken geöffnet haben. Auch Waschanlagen in Gewerbegebieten stören nicht die Sonntagsruhe...

...aber die Christdemokraten. Rüttgers sagt sinngemäß, der Sonntag ist heilig.Wolf: Wir werden das in Verhandlungen partnerschaftlich miteinander besprechen, genau wie wir über verkaufsoffene Sonntage einmal pro Monat oder zu Stadtteil- und Brauchtumsfesten reden werden. Die Kommunen sollen das regeln und die Freiheit dafür haben.

Sie handeln sich Ärger ein, insbesondere bei den Biergärten mit den Nachbarn.Wolf: Die Sperrzeitenverkürzung bei der Gastronomie im Innenbereich hat gezeigt, dass das völlig unproblematisch ist. Keiner hat es eigentlich gemerkt, dass inzwischen Öffnungszeiten bis fünf Uhr morgens zulässig sind. In der Außengastronomie brauchen wir auch mehr Freiraum. Die Fälle von Unverträglichkeit müssen wir einvernehmlich regeln. Bei den wenigen schönen Tagen im Jahr sollte es bis 24 Uhr möglich sein, draußen zu sitzen.

Kinder fördern statt Steinkohle, klingt gut, geht aber nicht von heute auf morgen.Wolf: Entscheidend ist, dass wir nach der Wahl eine nationale Ausstiegskonferenz bekommen. Darin müssen wir uns abwenden von dem, was die SPD will, nämlich einen Sockelbergbau bis zum St. Nimmerleinstag. Wir wollen so schnell wie möglich Schluss machen mit der Subventionierung unwirtschaftlicher Technologie. Parallel dazu muss die Bildungssituation verbessert werden. PISA hat uns den Spiegel vorgehalten. Wir müssen in der Frühförderung was tun und in der Grundschule mit Leistung und Noten von Klasse eins an arbeiten. Gleichzeitig muss auch das Sozialverhalten gestärkt werden.

Verstehen wir ihr Programm richtig? Sie wollen keine Schulen schließen, mit einer Ausnahme: den kleinen Oberstufen von großen Gesamtschulen.Wolf: Die Gesamtschulen haben die Möglichkeit, sich im Wettbewerb zu bewähren. Oft haben deren Oberstufenjahrgänge nur noch 30 bis 40 Schüler. Da ist vernünftiger Unterricht nicht mehr möglich. Wenn die notwendige Größe nicht mehr erreicht wird, müssen Oberstufen auch auslaufen.

8000 Lehrer, aber keine neuen Polizisten bei der FDP: Bleibt Schmalhans Küchenmeister in der Innenpolitik?Wolf: Nein. Es gibt Reserven im Bereich des Personals. Wir können mehr fahnden als verwalten, wenn wir die Beamten entlasten bei Tätigkeiten, die den Bürgern nicht unmittelbar zugute kommen. Das ist ein Potenzial von 2500 bis 3000 Polizeibeamten. Wenn wir das freibekommen, ist das ein guter Schritt für die innere Sicherheit.

Glauben Sie, dass Peer Steinbrück noch ein Kaninchen aus dem Hut zaubert?Wolf: Wenn er noch eines haben sollte, muss er sich damit beeilen.

Artikel vom 12.05.2005