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Breloer enttarnt Speer

Dreiteiler hat noch ein dokumentarisches Nachspiel

ARD, 20.15, 23.00 Uhr: Offiziell ist die ARD-Dokumentation »Speer und Er« über Hitlers Rüstungsminister Albert Speer ein Dreiteiler, dessen letzter Teil heute zu sehen ist. Aber das jüngste Werk des preisgekrönten Regisseurs Heinrich Breloer hat ein »Nachspiel«, wenn auch erst zu späterer Stunde.

Kurz nach dem dritten Teil sendet das Erste die begleitende Dokumentation »Die Täuschung«. Breloer zeigt darin nicht nur, wie Speer nach 20 Jahren Haft zum Bestseller-Autor wurde, sondern auch, dass sein Image als »Entlastungs-Nazi« auf Irreführungen und Fälschungen beruhte.
Auch in diesem »Nachspiel« setzt Breloer seine Technik ein, die er vor drei Jahren bereits in »Die »Manns« und nun in »Speer und Er« virtuos vorführte - die Verschränkung von Spielszenen, Interviews mit Zeitzeugen und Originalaufnahmen. Insofern ist die Dokumentation eher ein vollwertiger vierter Teil als ein Extra-Stück, außer dass der Anteil der Spielszenen deutlich geringer ausfällt. Dafür kommt Speer in Originalaufnahmen zu Wort.
Der ehemalige Architekt und Rüstungsminister, ohne dessen Einsatz Hitler den Zweiten Weltkrieg wahrscheinlich gar nicht so lange hätte führen können, wurde als Kriegsverbrecher verurteilt und kam 1966 frei. »Von dem, was es in den Konzentrationslagern gab, hat man nur eine vage Ahnung gehabt«, sagte er in einem Interview. Das ist auch das Leitmotiv seiner schriftlichen Erinnerungen. Er hätte über Völkermord und Versklavung Bescheid wissen können, aber er hat es nicht gewusst -Êdas ist der Eindruck, den Speer erweckt.
Das machte ihn nach Ansicht Breloers für viele Zeitgenossen zum Vorbild. Wenn Speer nichts wusste, dann mussten wir es auch nicht wissen, lautete die Formel. Breloer enttarnt Albert Speer. Er zeigt, dass Speer an der Vertreibung der Berliner Juden beteiligt war, dass er den Ausbau des Vernichtungslagers Auschwitz genehmigte, dass er das Lager Mittelbau-Dora besuchte und dort Sklavenarbeiter sah. »Der Mann hat sich bis zum Lebensende etwas vorgemacht. Die Dokumente sprechen gegen ihn«, urteilt der Historiker Matthias Schmidt in Breloers »Nachspiel«. Zur »Abrundung« ist, wie heutzutage üblich, auch ein Interviewband und Filmbuch zum Dreiteiler erschienen.

Artikel vom 12.05.2005