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Das Ende einer Ära

Bayern gegen Nürnberg: Abpfiff im Olympia-Stadion

München (dpa). Der Fußball geht, aber das Olympiastadion bleibt. Auch ohne die Münchner Profi-Clubs FC Bayern und TSV 1860, die über drei Jahrzehnte unter dem weltberühmten Zeltdach zu Hause waren und zur neuen Saison in die Allianz-Arena umziehen werden, soll der Olympiapark eine Attraktion für Touristen, Liebhaber einmaliger Architektur und die Münchner Bevölkerung bleiben.

»Eine wichtige Ära geht zu Ende, aber deshalb werden hier nicht die Rollläden runtergehen«, sagt Wilfrid Spronk, Geschäftsführer der Olympiapark-GmbH, dem vor einer Zukunft ohne Fußball nicht bange ist: »Der Münchner Park lebt, und er wird auch weiter leben.«
Papst Johannes Paul II. zelebrierte hier eine Messe, die Rolling Stones und Michael Jackson rockten über die Open-Air-Bühne, aber nichts hat das Olympiastadion seit den Sommerspielen 1972 so berühmt gemacht wie »König« Fußball. Am Samstag rollt zum allerletzten Mal das runde Leder über den grünen Rasen. Mit dem bayerischen Derby zwischen Rekordmeister FC Bayern und dem 1. FC Nürnberg verabschiedet sich der Fußball nach 1120 Spielen mit fast 40 Millionen Zuschauern.
Mit Wehmut denkt Torwart-Legende Sepp Maier an die glorreiche Vergangenheit im Olympiastadion zurück. An das erste Spiel mit den Bayern, als sie am 28. Juni 1972 mit dem 5:1 gegen Schalke 04 am letzten Bundesligaspieltag Meister wurden. An den 7. Juli 1974, als Gerd Müller beim 2:1-Endspielsieg gegen die Niederlande Deutschland zum Weltmeister machte. Doch Maier weint dem »alten Kasten« keine Träne nach: »Es ist halt ein reines Leichtathletikstadion. Wenn Du oben etwas sehen möchtest, brauchst Du schon ein Fernglas.«
Mit der von vielen ungeliebten Betonschüssel, in der 80 000 Menschen am 26. August 1972 die Eröffnung der Olympischen Spiele feierten, als Herzstück soll das weitläufige Terrain seine Bedeutung als das weltweit am erfolgreichsten genutzte Olympia-Gelände mit jährlich fünf Millionen Besuchern behalten.
»Die Herausforderung ist womöglich noch größer als nach Olympia 1972«, meint Spronk, »denn der Fußball ist nicht ersetzbar.« An Einnahmen aus dem Fußball fehlen erst einmal 1,7 Millionen Euro, aber Spronk geht bei etwa 300 Veranstaltungen pro Jahr davon aus, dass innerhalb von 3 Jahren »gut 50 Prozent von dem eingespielt wird, was durch den Fußball verloren geht«.
Superlative sollen die Zuschauern weiter in Scharen in den Olympiapark locken. Bereits vier Tage nach dem Fußball-Finale sind im Stadion auf der größten mobilen Leinwand der Welt Kino-Hits zu sehen, mit der größten Weinprobe der Welt folgt eine Weltpremiere, und im Juni kommt mit »Turandot« die bisher größte Operninszenierung.
Der Park schreibt im reinen Veranstaltungsbetrieb schwarze Zahlen, doch durch den Unterhalt und Parkpflege ergibt sich ein Defizit für die GmbH, die eine 100-prozentige Tochter der Stadt ist. Für etwa 50 Millionen Euro soll die Anlage bis 2010 umgebaut und saniert werden.

Artikel vom 12.05.2005