12.05.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Es bleibt noch
alles beim Alten

Kein schnelle Trennung von Poss

Innsbruck (dpa). Die kritische Lage im deutschen Eishockey-Lager: Der Trainer bleibt stur, die Verbandsführung hat erst mal andere Sorgen.

Nach dem sportlichen Offenbarungseid bei der WM will Bundestrainer Greg Poss an seiner erfolglosen Philosophie festhalten und muss offenbar keine schnelle Entlassung fürchten. Die Führung des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) will nach den quälenden Tagen von Österreich morgen zunächst die WM 2010 nach Köln und Mannheim holen.
»Ich habe schon während der WM gesagt, wir müssen die Nerven behalten«, sagte DEB-Präsident Hans-Ulrich Esken. »Wir werden in den nächsten vier Wochen einen Weg aufzeigen, wie es weitergeht.« Einen Tag nach dem 2:3 gegen Dänemark, mit dem das DEB-Team die Chance auf den Klassenverbleib aus eigener Kraft verspielte, räumte er ein: »Das Ziel wurde nicht erreicht.«
Der Richter rechtfertigte aber sein im Februar ausgesprochenes, Vertrauen in Poss. Damals war der zunächst für ein Jahr geschlossene Vertrag verlängert worden. Der Kontrakt verlängert sich jährlich, der DEB kann den US-Amerikaner frühestens zum 31. Mai 2006 kündigen. Davor liegen die Olympischen Winterspiele in Turin. Die direkte Olympia-Qualifikation für Vancouver 2010 ist illusorisch, in der Weltrangliste ist Deutschland nur noch Zehnter, weil die Schweiz und Lettland vorbeigezogen sind. Titelträger Eisbären Berlin darf deswegen nicht mehr an Europas Meister-Cup teilnehmen.
DEB-Sportdirektor Franz Reindl lehnt einseitige Schuldzuweisungen ab und bescheinigt Poss akribische Arbeit. Sollte das deutsche Team absteigen, wird es laut Reindl keine Bewerbung um eine B-WM 2006 im eigenen Land geben. Nach dem Ende dieser WM wird er erst für zwei Wochen in Urlaub gehen, bevor über Konsequenzen gesprochen wird.
Die Mannschaft hatte sich am Dienstag nach der Busfahrt nach München in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Poss kehrte zu seiner Familie nach Nürnberg zurück und hatte einen Lehrgang der U20-Auswahl in der übernächsten Woche im Kopf. »Ich hätte nicht so viel anders gemacht, ein paar Kleinigkeiten hier und da. Aber ich hätte die selben Spieler mitgenommen«, sagte er. Auf der WM-Homepage verteidigte Poss sogar wieder seine Philosophie, offensiver zu spielen, ohne aber defensiv nachzulassen - was den Gegnern wie zu Beginn seiner Amtszeit immer wieder Tür und Tor öffnete. »Wir werden nichts ändern und so lange so weitermachen, bis wir wissen, wie es geht«, betonte Poss.
Er rechtfertigte dies mit indirekter Kritik am defensiven, aber erfolgreichen System seines Vorgängers Hans Zach: »Wir versuchen, davon wegzukommen, denn wenn wir uns verbessern wollen, müssen wir mehr spielen.«

Artikel vom 12.05.2005