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»Recht der EU gebrochen«

Brüsseler Visa-Kritik: Union nimmt den Kanzler ins Visier

Berlin (dpa). Die Kritik der EU-Kommission an der rot-grünen Einreisepolitik hat die Visa-Affäre neu angeheizt. Die Bundesregierung habe »europäisches Verfassungsrecht« gebrochen, sagte der Unions-Obmann im Visa-Untersuchungsausschuss, Eckart von Klaeden (CDU).
Eckart von Klaeden: Neue Dimensionen in der Affäre.

Dagegen hält das Außenministerium den umstrittenen Erlass aus dem Jahr 2000 weiterhin für vereinbar mit dem EU-Recht.
Der EU-Justizkommissar Franco Frattini hatte am Dienstagabend gesagt: »Die Bewertung der Europäischen Kommission ist, dass dieser Erlass in einigen Aspekten nicht mit den Anweisungen an die europäischen Konsulate konform ist.« Er kritisierte, dass Instrumente zur Prüfung der Finanzkraft der Antragsteller fehlten. Zudem habe die Rückkehrbereitschaft nicht mehr ausreichend geprüft werden müssen. Der Vize-Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Volker Neumann (SPD), sagte dagegen: »Ich halte daran fest, dass Frattinis Rechtsauffassung falsch ist.« Der Erlass, der den Ermessensspielraum der Konsularbeamten bei der Visa-Vergabe erweiterte, wurde im Herbst 2004 durch einen neuen Erlass ersetzt. Auch diese neue Weisung wird von der EU-Kommission geprüft.
Von Klaeden sagte, die Visa-Affäre bekomme nach der EU-Stellungnahme eine »neue Dimension«. Ein erster Punkt des Prüfauftrages sei geklärt - die Frage, ob die Bundesregierung gegen internationales Recht verstoßen habe. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) habe »Deutschland zum Einfallstor für illegale Einwanderung mittels Visa gemacht«.
Die Union will sich jetzt verstärkt auf die Rolle des Kanzleramts und des Bundeskanzlers bei der Änderung der Visa-Politik konzentrieren. Ob auch Schröder im Ausschuss vernommen werden soll, entscheide sich nach der Aussage von Innenminister Otto Schily (SPD) am 8. Juli, sagte von Klaeden. Schily hatte bereits im März 2000 den Erlass kritisiert.

Artikel vom 12.05.2005