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Bund billigt Rußfilterförderung

Nun stehen Verhandlungen mit den Ländern über Einnahmeausfälle an

Berlin (dpa). Millionen von Diesel-Pkw-Besitzern sollen durch steuerliche Anreize zum baldigen Kauf rußarmer Neufahrzeuge oder zur Nachrüstung ihrer »Gebrauchten« gebracht werden.
Insgesamt 1,2 Milliarden Euro Kfz-Steuerentlastung für den Dreijahreszeitraum 2005 bis 2007 sieht der Gesetzentwurf von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) vor, den das Kabinett gestern billigte. Nun kommt es vor allem auf die Bundesländer an, die keine Einnahmeeinbußen hinnehmen und zum Teil nur die Nachrüstung mit Rußpartikel-Filtern fördern wollen. Die Kfz-Steuer ist eine Ländersteuer.
Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und Finanzstaatssekretärin Barbara Hendricks (SPD) lehnten einen Ausgleich für die Länder strikt ab. Das Gesetz soll frühestens zum 1. Januar 2006 wirksam werden.
Für Neuwagen mit der neuesten Technik, die in der Zeit von Anfang 2005 bis Ende 2007 erstmals zugelassen wurden, sind 350 Euro Steuer-Ermäßigung geplant, für vor 2006 erstmals zugelassene Gebraucht-Pkw 250 Euro. Für das Jahr 2005 wird die Entlastung erst ab 2006 wirksam. Ziel ist es, den Anteil der sehr gesundheitsschädlichen Rußpartikel-Emissionen möglichst schnell zu verringern und damit auch zum Feinstaub-Abbau beizutragen. Der hohe Feinstaubanteil hat in mehreren Großstädten bereits zu Fahrverboten für Diesel-Lkw geführt.
Um auch die Automobilbauer zur technischen Verbesserung der Fahrzeuge anzuregen, droht Eichels Gesetzentwurf sogar mit einem 20-prozentigen Steueraufschlag für ungefilterte Diesel-Pkw der Jahrgänge 2008 und 2009.
Von 2010 an soll der Rußpartikel-Ausstoß von höchstens fünf Milligramm je gefahrenem Kilometer ohnehin EU-weit zur Pflicht werden.
Hendricks erläuterte vor dem Bundestag, die Länder profitierten durch den Zuwachs an Diesel-Pkw in den letzten Jahren bereits von erheblichen Mehreinnahmen bei der Kfz-Steuer und benötigten keinen Ausgleich. Den Angaben von Trittin zufolge stehen den Ländern so über mehrere Jahre hinweg elf Milliarden mehr zur Verfügung, aus denen sie bequem 1,2 Milliarden Einnahmeausfall finanzieren könnten.
Der Minister erwartet, dass eine Einigung erst im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gefunden werden kann. Immer mehr Länder hatten sich zuletzt dafür ausgesprochen, nur die Nachrüstung zu fördern. Die bayerische Staatsregierung könnte sich zur Gegenfinanzierung auch einen Steueraufschlag für Diesel-»Stinker« vorstellen.
Wie der Bund forderte auch der Automobilclub ADAC die Länder auf, den Entwurf des Bundes schnell umzusetzen. Wie einige Umweltverbände bestreitet der Club allerdings die Angaben des Bundes, dass mit den Förderbeträgen jeweils etwa die Hälfte der Einbaukosten für die zur Zeit vorherrschende Filter-Technologie gedeckt werden.
Nach der Entscheidung des Bundeskabinetts zur Förderung von Rußfiltern drängen die deutschen Autohersteller auf eine Einigung mit den Ländern über die Finanzierung. »Da darf jetzt nichts auf die lange Bank geschoben werden«, sagte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, Bernd Gottschalk,
Das Gesetz geht für die drei Jahre von knapp vier Millionen zu fördernden Diesel-Pkw aus, davon 2,3 Millionen Neuzulassungen und 1,55 Millionen Nachrüstungen. Bei derzeit in Deutschland insgesamt zugelassenen neun Millionen Diesel-Fahrzeugen wäre das laut Verkehrsclub Deutschland (VCD) »jedoch ein mageres Ergebnis für die Feinstaub-Entlastung«.
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) kritisierte, die Rußfilter-Debatte greife zu kurz. Die Nutzung von Bussen und Bahnen müsse stärker gefördert werden. Schon heute führen durch das Angebot des Nahverkehrs 26 Millionen Menschen weniger mit dem Auto.
Vor dem Umweltausschuss des Bundestages warnten Umweltforscher und Mediziner in Dessau erneut vor den Feinstaubgefahren für die Gesundheit. Untersuchungen zeigten einen klaren Zusammenhang zwischen den Stäuben und Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislauf-Systems, sagte Erich Wichmann vom Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in der Helmholtz-Gesellschaft.

Artikel vom 12.05.2005