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»Mercedes-Bande« steht vor Gericht

Bielefeld/Bad Oeynhausen (uko). Weil ein in Bielefeld gestohlener Ferrari F360 Modena nach einem Unfall eine dicke Ölspur hinterließ, ist die Mercedes-Bande in Bad Oeynhausen aufgeflogen. Am Dienstag begann der Prozess vor dem Landgericht gegen die beiden Haupttäter. Die Angeklagten, ein Deutscher und ein Pole, sind umfassend geständig.

Nur ein Zufall war es, der die Polizei auf die Spur der längst gesuchten Bande brachte. Im März 2004 war in eine Wohnung in Bielefeld eingebrochen worden. Dabei ließen Diebe Schlüssel und Papiere zu einem Ferrari mitgehen, der auch prompt aus einer Garage in Bielefeld gestohlen wurde.
Anfang Oktober 2004 hinterließ eben dieser Nobelsportwagen nach einem Unfall und einer Fahrerflucht auf dem Autobahnkreuz Bad Oeynhausen eine dicke Ölspur, die zu einer Scheune an der Hedinghausener Straße in Bad Oeynhausen führte. Dort staunten die Beamten nicht schlecht, denn sie fanden eine Reihe von gestohlenen Luxuslimousinen.
Gestern zum Prozessauftakt gegen den Polen Krzysztof B. (30) und den Mechaniker Marco B. (30) listete Staatsanwalt Franz-Josef Weber in seiner Anklage die Reihe exklusiver Fahrzeuge auf, die 2003 und 2004 vornehmlich in Villenvierteln in Berlin, Frankfurt/Main, im Taunus und in Bad Oeynhausen gestohlen worden waren. Abgesehen hatten es die Diebe besonders auf S- oder SL-Typen vom Fabrikat Mercedes Benz; außerdem wurden zwei Audi A 6, ein BMW X 5 und ein Fiat Punto gestohlen. Nicht selten hatten einige der 28 automobilen Exponate einen Wert von mehr als 100 000 Euro. Der teuerste Wagen, ein Mercedes Benz SL 55 AMG, wurde in der Anklage mit 140 000 Euro angegeben. Der Gesamtschaden soll mindestens 2,36 Millionen Euro betragen.
Die Diebe waren stets bei Nacht gekommen, aber sie wussten, wo welches Fahrzeug stand. Angeblich, so das Geständnis des Polen, seien sie von Hintermännern aus seinem Heimatland über die Standorte unterrichtet worden. Dann reisten die Diebe mit Steuergeräten an, die flugs in die Fahrzeuge eingebaut wurden, um die Wegfahrsperre vor Ort zu überbrücken. Geradezu Kopfschütteln hinterließ gestern vor der 2. Großen Strafkammer der mehrfache Hinweis in der Anklage, wie leicht die Zündung des Luxuslimousinen kurzzuschalten ist. Die S- und SL-Typen verfügen über ein so genanntes Trojanisches Pferd, das organisierten Banden in Polen bekannt ist und das Starten dieser Wagen kinderleicht macht.
Obendrein liegt der Verdacht nahe, dass sogar Baupläne der elektronischen Steuerung der Limousinen in Osteuropa kursieren. In Polen wurden dafür andere Steuergeräte manipuliert, die als Doubletten in die gestohlenen Fahrzeuge eingebaut wurden. - Der Prozess wird fortgesetzt.

Artikel vom 11.05.2005