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»Ungeheuer«
hält Einzug in
Kindergarten

Erzieherinnen errichten Müll-Mauer

Quelle (gge). Wohin mit dem alten Kinderwagen-Rad, der »Tröte«, den verrosteten Schrauben und dem Zahnrad? Zum Sperrüll? Mitnichten. In den Kindergarten! Elf Erzieherinnen verschiedener städtischer Kindertagesstätten aus Bielefeld haben jetzt in der KiTa Auf dem Rennplatz in Quelle eine Fortbildung der besonderen Art genossen. Das Thema: »Mauer-Bau mit Rest-Materialien«.

»Kinder finden in ihrem Spielzimmer zu Hause und in den Regalen der Kindergärten vorwiegend Spielsachen vor, die perfekt sind und einem bestimmten Zweck dienen. Sie erleben. dass Gegenstände, die danach anderweitig nicht mehr zu gebrauchen sind, zum Beispiel weil sie lediglich als Verpackung dienten oder entzwei gegangen sind, weggeworfen werden«, sagt Birgit May vom Amt für Schule und städtische Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen der Stadt Bielefeld. In der Fortbildung lernten Erzieherinnen, einen Gegenpol zu schaffen.
Wie's geht, weiß Andrea Vahrenhorst von der Ideenwerkstatt »Lebens(t)raum. Sie hat schon viele Außenbereiche von Kindergärten und Schulen »auf Vordermann« gebracht und insbesondere eines im Sinn: »Die Fantasie der Kinder anregen«.
Neuester Blickfang für die 92 Kinder im Garten der KiTa »Auf dem Rennplatz« am Galoppweg ist eine echte »Patchwork«-Mauer aus Natursteinen, Mörtel und industriellem Abfall. Nach zwei Arbeitstagen sieht die rund angelegte Mauer, durchsetzt mit Recycling-Material, aus wie ein echtes »Ungeheuer« mit Kopf und Schwanz, das viele Betätigungsmöglichkeiten bietet, an dem man herumdrehen, auf dem man aber auch klettern und balancieren kann.
Eltern haben Findlinge gestiftet. »Der Innenbereich des neuen Spielbereiches kann noch durch Kieselsteine ergänzt werden«, so Vahrenhorst. Das Fundament ist frostsicher und garantiert der Anlage eine lange Lebensdauer. Sie soll die Kinder anregen, aus ausrangierten Dingen »Neues« zu gestalten. »Das setzt Ideen frei und lenkt ab von vorgegebenen Spielregln«, erklärt Birgit May.
Pädagogen, Soziologen und Kinderpsychpologen halten dies für Basisfähigkeiten, die Kinder zunehmend brauchen, um sich auf eine sich wandelnde Gesellschaft mit immer neuen Herausforderungen einzustellen. Das eigene Tun sollte aber auch die Erzieherinnen Montag und gestern für die Sache begeistern, um künftig andere zu motivieren, es ihnen nachzumachen. In einem zweiten Weiterbildungsteil fertigten sie bei laufendem Kindergarten-Betrieb auch noch Skulpturen wie Robben, Schildkröten und Schnecken aus Zement und Mörtel an. Aufregende Momente nicht nur für die Kinder. Auch KiTa-Leiterin Irmgard Bröckler zeigte sich »ganz begeistert«.
Folgende Erzieherinnen waren an dem von der Stadt finanzierten Weiterbildungs-Projekt beteiligt: Nadine Runge (von der KiTa Wilbrandstraße), Selale Erdem-Karabacak (Südwestfeld), Helene Krüger und Anna Kiwa (Auf dem Rennplatz), Elke Haselhorst, Kirsten Strunz (Windflöte), Johanna Traanmann (Markt), Elke Pilhofer (Oberummeln), Natalie Meier (Großer Wiel), Michaela Liebrich (Stadtmitte) und Monika Knoll (Nordpark). Bei Umsetzung der neu gewonnenen Erkenntnisse darf damit gerechnet werden, dass auch in anderen Kindertageseinrichtungen der Stadt eine »Wiederverwertung« der besonderen Art Einzug hält.

Artikel vom 11.05.2005