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Deutsche Börse ohne Führung

Hedge-Fonds TCI für Kooperation mit Paris - Breuer: »Werde gestürzt«

Frankfurt (dpa). Nach dem Aus für die Führungsriege der Deutschen Börse AG steht der deutsche Finanzplatz vor entscheidenden Weichenstellungen. Der Hedge-Fonds TCI brachte eine Kooperation der Deutschen Börse mit der Vierländerbörse Euronext ins Gespräch, nachdem er im März die geplante Übernahme der Londoner Börse verhindert hatte.
Die Deutsche Börse AG blickt in eine ungewisse Zukunft. Nach dem Aus für die Führungsspitze mehren sich in Frankfurt Befürchtungen, das Dax-Unternehmen könnte zerschlagen werden. Foto: dpa
Gestern blieb aber unklar, wer die Deutsche Börse künftig führen wird. Der CDU-Politiker Friedrich Merz erklärte, er stehe derzeit nicht für eine Nachfolge von Rolf Breuer als Aufsichtsratschef zur Verfügung. Merz ist einer der Anwälte von TCI, der den Sturz von Breuer und Vorstandschef Werner Seifert betrieben hatte. Merz sagte, er habe den Konflikt zwischen Management und Anteilseignern »nicht entschärfen« können. Auch für den Posten des Vorstandsvorsitzenden zeichnete sich noch kein Kandidat ab.
TCI, dem nach eigenen Angaben etwa acht Prozent der Deutschen Börse gehören, sprach sich für eine Kooperation von Frankfurt und Paris aus. »Ich bin wirklich der Ansicht, dass es Sinn machen würde, diese beiden Börsen zu fusionieren«, sagte TCI-Partner Patrick Degorce. Aufgabe des künftigen Vorstandschefs sei es, ein Modell für eine mögliche Kooperation zu erarbeiten. »Wir unterstützen alles, was den Wert der Deutschen Börse als Unternehmen verbessert.«
Bei einer Fusion der Deutschen Börse mit der Euronext wäre erneut unklar, inwieweit wichtige Segmente und Arbeitsplätze in Frankfurt blieben. Die bisherige Spitze der Deutschen Börse hatte ein Konzept zur Übernahme der Londoner Börse ausgearbeitet, wonach ein Großteil der deutschen Arbeitsplätze erhalten worden wäre. TCI und andere Fonds-Gesellschaften hatten diese Pläne als zu teuer abgelehnt und den Rückzug der Führungsriege erzwungen. Die Deutsche Börse gehört nur zu sieben Prozent deutschen Anlegern, der Rest der Aktien ist überwiegend in britischem und amerikanischem Besitz.
Der noch amtierende Aufsichtsratschef Rolf Breuer kündigte an, möglicherweise noch vor Ende des Jahres zurückzutreten. Er wolle jetzt die notwendigen Weichen stellen helfen. »Sobald ich eine Lösung liefern kann, trete ich zurück«, sagte er dem Wirtschaftsmagazin »Capital«. Breuer wollte auch nicht ausschließen, dass er bereits auf der Hauptversammlung am 25. Mai gestürzt wird. Er rechne damit, dass TCI daran festhalte, ihn bei dem Aktionärstreffen zu stürzen.

Artikel vom 11.05.2005