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New Yorker
Soziologe erster
Gastprofessor

Lehrstuhl zu Ehren Niklas Luhmanns

Bielefeld (hu). Die Theorie der »Kleinen Welt« besagt, dass zwei beliebige Menschen auf dem Globus über sechs weitere in Verbindung miteinander stehen. Für den international renommierten Soziologen Prof. Harrison C. White war der Weg von der New Yorker Columbia-University zur Universität Bielefeld sogar noch kürzer. Um ihn als ersten Inhaber der neu eingerichteten Niklas-Luhmann Gastprofessur zu gewinnen, reichte eine Anfrage per E-Mail.

Es sei ihm eine Ehre, an die Bielefelder Universität berufen worden zu sein, sagt White. Niklas Luhmann gilt als einer der bedeutendsten Soziologen des 20. Jahrhunderts und ist sicher der weltweit bekannteste Wissenschaftler der Bielefelder Universität. Ihm zu Ehren hat die Hochschule nun eine Niklas-Luhmann-Gastprofessur eingerichtet mit dem Ziel, internationale Wissenschaftler nach Bielefeld zu holen.
»Wir sind froh, dass wir einen so geschätzten Fachmann und intimen Luhmann-Kenner für die Stelle gewinnen konnten«, sagt der stellvertretende Rektor der Bielefelder Universität, Prof. Dr. Gerhard Sagerer. Jedes Jahr sollen Top-Wissenschaftler aus dem Bereich der Soziologie zwei Monate lang in Bielefeld lehren. Für Sagerer eine »angemessene und produktive Art«, an Luhmann zu erinnern.
White hat Luhmann zwar nie persönlich getroffen, erzählt er, doch mit seiner Systemtheorie hat er sich intensiv beschäftigt. Ebenso wie Luhmann konzentriert er seine Arbeit nicht auf ein eng begrenztes Feld der Soziologie, sondern sucht nach umfassenden und allgemeinen Zusammenhängen. So sieht er zum Beispiel eine enge Verbindung zwischen soziologischen und wirtschaftlichen Bedingungen und beschäftigt sich unter anderem mit der Theorie der »Kleinen Welt«. Darüber wird White am 1. Juni eine öffentliche Vorlesung im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität halten (Beginn: 20 Uhr, im Plenarsaal).
Harrison C. White, Jahrgang 1930, erhielt seinen Bachelor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und erlangte dort auch den Doktortitel in Theoretischer Physik. Seinen Doktor in Soziologie legte er in Princeton ab, von 1963 bis 1988 unterrichtete er in Harvard. Seitdem lehrt er, obwohl inzwischen emeritiert, an der Columbia-University in New York.
In Bielefeld leitet er in den kommenden zwei Monaten ein Seminar mit Doktoranden der Soziologie. Harrison C. White: »Bei der Arbeit mit den exzellenten Studenten kann ich immer noch etwas lernen.«
Gastprofessor 2006 wird Prof. John W. Meyer aus Stanford sein.

Artikel vom 12.05.2005