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Mieten Sie einen ganzen Abi-Jahrgang!

Student bittet WESTFALEN-BLATT-Leser um Hilfe: Was sollen Schüler für 5,50 Euro tun?

Von Matthias Meyer zur Heyde und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Auweia! Zum Preis von mickerigen 5,50 Euro muss der komplette Abiturjahrgang einer Bochumer Schule tun, was ein Bielefelder Student von ihnen verlangt. Nur was? Haben die WESTFALEN-BLATT-Leser eine Idee?

Da sage noch einer, zu Internet-Zeiten habe die gute alte Tageszeitung ausgedient! Von wegen! »Die Bochumer Gymnasiasten haben falsch gemacht, was man nur falsch machen kann«, sagt der Soziologiestudent Karl Musiol, nach dessen Pfeife die jungen Leute am Freitagnachmittag, 20. Mai, tanzen müssen. »Das Mindeste wäre gewesen, eine Lokalzeitung über die Internetaktion zu informieren, um mögliche Interessenten anzulocken.«
Oder man hätte einen Freund eingespannt, der pro forma 1000 Euro oder mehr geboten hätte, nur um potentielle Bieter ein wenig zu kitzeln . . . »Auf keinen Fall darf man so ein Angebot, das auf Good-Will spekuliert, in der Rubrik ÝBusiness & IndustrieÜ verstecken - das gehört auf die eBay-Startseite«, rät Musiol, der täglich »zwei Stündchen« im Netz surft.
Dabei hatte der Jahrgang 13 der Heinrich-Böll-Gesamtschule Bochum sich alles so schlau ausgedacht: »Jeder von uns bietet ein paar Stunden seine Dienste an - dann müsste genug Geld für eine Sause in der Kasse sein«, meinte der mit der Aktion beauftragte Gymnasiast Sebastian Hein.
Je mehr Kohle, desto besser. Also stellten die Schüler ihre Idee bei eBay ins Netz. Bis Dienstag, 16 Uhr, konnte man gegen Höchstgebot den Jahrgang 13 »mieten«.
»Zehn Minuten vor Schluss lag das Gebot meines Konkurrenten - ich hatte nur einen - bei einem Euro«, erzählt Musiol, der beim Surfen ganz zufällig auf die Aktion stieß. »Neun Minuten später, bevor ich zur Uni losfuhr, habe ich spaßeshalber 5,50 Euro eingetippt.« In der Vorlesung über »Theorien der Soziologie« fragte er per Handy den Endstand ab: »Ich war völlig baff, als ich erfuhr, ich sei der Gewinner der Auktion.«
Nun ist guter Rat teuer. Denn Musiol, der den gelackmeierten Versteigerern natürlich keine große Last aufbürden möchte, weiß gar nicht, zu was er die Ärmsten jetzt antreten lassen soll. »Vielleicht im Arminen-Trikot durch Bochum laufen und Jungwähler zum Urnengang animieren?« Denn die Gymnasiasten stehen am Freitag vor der NRW-Wahl parat. »Oder eine gemeinnützige Aktion in einem Altenheim?«
Musiol hofft, dass ihm phantasievolle WESTFALEN-BLATT-Leser eine Idee mailen (unter: kontakt@karlmusiol.de). Nicht in Frage kommt Illegales und Pornographisches. In Bochum oder Umgebung - also nicht in Bielefeld! - werden die Schüler aktiv.
»Das böte doch einem Bielefelder Sponsor eine gute Chance, wenn die Schüler mit seinem Logo auftreten - vielleicht lässt sich eine heimische Getränkefirma erweichen und spendet den Abiturienten Ýdas FlüssigeÜ zur Feier«, überlegt Musiol, der uns informierte, um den Kardinalfehler der Bochumer nachträglich auszubügeln: Öffentlichkeit herstellen, Menschen direkt ansprechen - das schafft die lokale Tageszeitung!

Artikel vom 12.05.2005