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Muslime fühlen
Ungerechtigkeit

Steinbach sieht Chance für Wandel

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Es gibt in diesem Jahr 2005 wieder größere Chancen für eine Annäherung oder gar Kooperation zwischen dem Westen und den islamischen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens.
Prof. Udo Steinbach ist Direktor des Orient-Instituts. Foto: Pierel

Dies gilt nach Ansicht von Professor Udo Steinbach besonders für Europa und hier -Êwegen ihrer Haltung vor dem Irak-Krieg -Êfür die Deutschen. Voraussetzung sei jedoch ein besseres Verständnis für den islamisch geprägten Teil der Welt und für die dort tief empfundene »Gerechtigkeitslücke«. Bei seinem gestrigen Vortrag in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostwestfalen zu Bielefeld nannte der Direktor des Hamburger Orient-Instituts mehrere historische Daten, die für die Gefühle vieler Muslime, vom Westen nicht als gleichberechtigt akzeptiert zu sein, verantwortlich seien. Beginnend bei dem Ägypten-Feldzug Napoleons 1798 spannte der Wissenschaftler einen langen Bogen über das Ende des Osmanischen Reiches 1923/24 und die Entstehung des Staates Israel auf palästinensischem Boden 1948 bis zu dem Sturz der anti-kapitalistischen Regierung Mossadeqs im Iran 1953 durch den amerikanischen Geheimdienst CIA.
Die Niederlage der arabischen Koalition im Sechs-Tage-Krieg gegen Israel 1967 war, so Steinbach, der Anfang einer Abkehr von westlichen Werten. Die Ungleichbehandlung arabischer Staaten auf der einen und Israels auf der anderen Seite beispielsweise im Hinblick auf UN-Resolution und den Besitz von Atomwaffen kränke die Menschen bis heute. Dazu komme die US-Präsenz im Irak, die von den Arabern als Besatzung wahrgenommen werde. So verhasst Saddam Hussein auch in großen Teilen der arabischen Welt war, die Art, wie Präsident George Bush den Krieg erzwang, sei ein Auslöser für die bisher nicht gekannte Gewalttätigkeit.
Steinbach hält es immerhin für möglich, dass sich die Beziehungen trotz alledem wieder normalisieren. Als positive Anzeichen wertete er Entwicklungen in Palästina, Libanon, Ägypten und auch im Irak.

Artikel vom 10.05.2005