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Überirdisch und mit Raffinesse im Detail

Isabelle Faust und Alexander Melnikov im Kammerkonzert

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Es gibt Kreise, da klingt allein der Name Isabelle Faust schon wie Musik in den Ohren. Welch betörenden Klangzauber, welche musikalische Raffinesse die noch junge und doch schon international gefeierte Violinistin gemeinsam mit Klavierpartner Alexander Melnikov im letzten Saisonkonzert der städtischen Kammerkonzertreihe entfachte, ist hingegen mit Worten kaum zu beschreiben.

Unter dem Motto »Mythen« hatte das Duo Hochvirtuoses auf den Plan gesetzt und erscheint im Nachhinein durch die Art der Ausführung selbst wie ein Mythos. Denn irgendwie kommt einem unweigerlich der Begriff »überirdisch« in den Sinn, lauscht man dem energetischen, bis ins kleinste Detail ausgehorchtem Spiel des Duos, das sich auf musikalischer Ebene kongenial begegnet.
Und man darf alt Bekanntes und oft Gehörtes, mit dem die Interpreten das Programm umrahmten (Gabriel Faurés Sonate Nr. 1, Ludwig van Beethovens Kreutzer-Sonate), völlig neu entdecken.
Ihren Fauré gehen die beiden leidenschaftlich bis glühend an. Zu orchestral anmutender Brillanz und Klangfülle in den Ecksätzen gesellen sich melancholische Süße (Andante) und - etwa im Allegro vivo -Êein Anflug von verspieltem Witz. Der singende Animato-Ton und der subtil pointierte, feingliedrige Anschlag allein wären bewundernswert. Daneben existiert aber auch ein kräftiger, zupackender Gestus und eine nicht nachlassende Spannung, die dieses beliebte Repertoirestück neu beleben.
Die Luft des Konzertsaals durchweht Beethovens Kreutzer-Sonate, die von Faust und Melnikov mit viel Affektgehalt und Impulskraft angereichert, zu einem aufregenden Hörabenteuer wird. Man schont sich nicht, formt, feilt bis ins kleinste Detail, spielt mit Lust an jagender Virtuosität auf, und das alles erfrischend unverkrampft und vital. Eine Musik von mitreißendem Brio.
In der Mitte dann drei flirrende, sinnliche und fein differenzierte Klanggemälde von Karol Szymanowski, dessen »Mythen« in eine völlig neue Klang- und Ausdruckswelt führten. Die Stücke des polnischen Komponisten (1882 bis 1937) loten die technischen und klanglichen Möglichkeiten der Violine weit aus und stehen unter dem Einfluss des französischen Impressionismus. Faust ließ ihr Instrument sprechen und ein wenig musste man bei aller Faszination beim exzessiven Gebrauch der Geige - Isabelle Faust spielt die »Dornröschen« Stradivari aus dem Jahre 1704 -Êum das wertvolle Instrument fürchten.
Ein hingerissenes Kennerpublikum bekundete stark applaudierend seine Begeisterung. Wer dieses außergewöhnliche Duo verpasst hat, sollte am 7. Juni WDR 3 hören. Das Konzert wurde aufgezeichnet, und die Kooperation mit dem Klassiksender soll auch in der kommenden Saison fortgeführt werden.

Artikel vom 11.05.2005