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Schaaf findet
den Sündenbock

Fröhlich war Werders Trainer nicht

Dortmund (dpa). Normalerweise ist er die Ruhe in Person, doch der fahrlässige Umgang seiner Mannschaft mit den Torchancen und der Ärger über Schiedsrichter Lutz Michael Fröhlich brachte sein Blut in Wallung. »Mein Puls ist noch immer viel zu hoch. Selbst ich habe mich heute aufgeregt«, klagte Thomas Schaaf nach der 0:1-Niederlage des SV Werder Bremen bei Borussia Dortmund.
Fassungslos musste der Trainer des entthronten Meisters mit ansehen, wie seine Profis sich gleich mehrfach um den Lohn ihrer ansehnlichen Arbeit brachten und die wohl letzte Chance auf die Champions League verspielten.
Nicht nur die Abschluss-Schwäche seines Teams trieb den Fußball-Lehrer zur Weißglut. Da der Referee nach einem Foul von Sebastian Kehl an Nelson Valdez in der 87. Minute nicht auf Elfmeter entschieden hatte, erklärte ihn Schaaf zum Sündenbock. Nicht zum ersten Mal bereitet Fröhlich Werder Kummer: Nur 19 Tage zuvor hatte der erfahrene Unparteiische aus Berlin den Bremern im verlorenen Halbfinale des DFB-Pokals gegen Schalke einen korrekten Treffer kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit aberkannt.
Voller Sarkasmus ging Schaaf auf Konfrontationskurs zum Dachverband. »Es ist nicht mehr tragbar, mit welchen Entscheidungen Werder zu leben hat. Ich kann und will es nicht mehr akzeptieren. Mit der Schiedsrichter-Ansetzung für das heutige Spiel hat der DFB Riesen-Fingerspitzengefühl gezeigt.« Seine Geduld sei nach mehreren Fehlentscheidungen, die seinen Verein Millionen kosten könnten, allmählich aufgebraucht: »Für mich ist da kein Gespräch mehr möglich. Wir Trainer sollen immer ruhig sein. Dann erwarte ich auch Ruhe auf dem Platz.«
Dafür hätten jedoch seine Spieler selber sorgen können. Vor allem in der ersten Halbzeit überboten sie sich im Auslassen selbst bester Möglichkeiten. Mal scheiterten sie am starken Dortmunder Schlussmann Roman Weidenfeller, mal schossen sie freistehend vorbei. So wurde am Ende die schlechtere Mannschaft dank des vierten Saisontreffers von Tomas Rosicky (32.) von ihren Fans euphorisch gefeiert. Auch die lobenden Worte seines Kollegen Bert van Marwijk konnten Schaafs Stimmung nicht aufbessern: »Für mich ist Werder die vielleicht spielstärkste Mannschaft der Liga. Wir haben unverdient gewonnen.«
Anders als sein Gegenüber verzichtete van Marwijk auf Kritik an der Referee-Leistung. Dabei hätte auch er Grund zur Klage gehabt: Zwei Treffern von Jan Koller (9./85.) verweigerte Fröhlich aus fragwürdigen Gründen die Anerkennung. Aus Freude über die nun sichere Qualifikation für den UI-Cup-Wettbewerb sah der niederländische Coach sogar über eine Rangelei seiner Profis Rosicky und Weidenfeller kurz nach Spielende hinweg. Ein leichtfertiger Ballverlust Sekunden vor dem Abpfiff hatte den Keeper derart verärgert, dass er dem Regisseur an den Kragen ging. Eine Aussprache in der Kabine glättete die Wogen. »Ich bin Roman nicht böse. Das spricht für unseren Siegeswillen«, meinte Rosicky.

Artikel vom 10.05.2005